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Boualem Sansal in Algerien festgenommen

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und der Merlin Verlag bitten die deutsche Regierung, sich für die sofortige Freilassung des Friedenspreisträgers einzusetzen.

Am 16. November 2024 ist der algerische Schriftsteller und Friedenspreisträger Boualem Sansal am Flughafen in Algier verhaftet worden. Erst ein paar Tage später bestätigten algerische Behörden seine Festnahme. Das Regime wirft ihm vor, die »Existenzberechtigung der algerischen Nation« sowie seiner historischen Grenzen in Frage gestellt zu haben, wie France 24 am 23.11. berichtete. Der Börsenverein und der Merlin Verlag, in dessen Programm die Bücher von Boualem Sansal erscheinen, sehen hierin einen Verstoß gegen das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung und bitten die deutsche Regierung, sich für die Freilassung Boualem Sansals einzusetzen.

»Eines der wichtigsten Prinzipien des friedlichen Zusammenlebens ist das Recht eines jeden Menschen, seine Meinung frei zu äußern«, so Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins, »und somit hat kein Land das Recht, einen Menschen festzunehmen und zu verurteilen, nur weil ihm dessen Meinung nicht recht ist. Aufgrund der offensichtlich schwierigen Beziehungen zwischen Frankreich und Algerien bitten wir daher die deutsche Regierung, tätig zu werden und sich für die Freilassung Boualem Sansals einzusetzen.«

»Jeder, der ihn persönlich kennt, weiß, dass Boualem Sansal ein friedliebender Mensch ist«, fügt Dr. Katharina Eleonore Meyer, die deutsche Verlegerin Boualem Sansals, hinzu. »Zugunsten von Wahrheit und Wahrhaftigkeit nimmt er als kritischer Intellektueller seit Jahren vieles auf sich, weil er trotz Kritik und Bedrohung nicht darauf verzichten will, öffentlich seine Meinung zu äußern. Gemeinsam mit allen anderen, die Boualem Sansals Werk schätzen und mit ihm freundschaftlich verbunden sind, sind wir in sehr großer Sorge um ihn.«

Hintergrund der Festnahme des 75-jährigen Schriftstellers, der mittlerweile auch die französische Staatsbürgerschaft besitzt, könnten laut Le Monde und Radio France International seine Äußerungen in einem Interview Anfang Oktober zum historischen Verlauf der Grenze zwischen Algerien und Marokko sein, sowie seine Kritik an der Unterstützung Algeriens für die Polisario, die Anspruch auf das größtenteils von Marokko kontrollierte Gebiet der Westsahara erhebt. Die seit Jahrzehnten bestehenden Streitigkeiten über die Zukunft der rohstoffeichen Region haben im Juli dieses Jahres neue Nahrung erhalten, nachdem sich Frankreich für den marokkanischen Autonomieplan ausgesprochen hat.

Der gelernte Ingenieur und Ökonom Boualem Sansal, der bis zu seiner Entlassung im Jahr 2003 als ranghoher Beamter im algerischen Industrieministerium tätig war, hat Mitte der 1990er Jahre mit dem Schreiben begonnen. Als Schriftsteller nimmt er Stellung, mischt sich ein und übt Kritik, auch da, wo er sich in große Gefahr begibt. Bereits in seinem literarischen Debüt »Der Schwur der Barbaren« (1999) legt Sansal in beeindruckender Weise Zeugnis von seinem Land ab, berichtet von den politischen, gesellschaftlichen und moralischen Missständen, von der alltäglichen Gewalt der Islamisten und von den subtilen Einschüchterungen der Regierung gegen Andersdenkende. Dennoch lebt Boualem Sansal bis heute in Algerien.

Seine europäischen Leserinnen und Leser machte Sansal schon vor Jahren mit den Mitteln der Literatur, aber auch auf vielen öffentlichen Veranstaltungen u.a. auf die Gefahren des politischen Islam, auf die menschlichen Tragödien der Migrationsbewegungen und die Gefahren totalitärer Entwicklungen in der Welt aufmerksam. Boualem Sansal ist vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Großen Preis der Académie française. In Deutschland wurde Boualem Sansal für seine Bemühungen um den friedlichen Dialog zwischen den Kulturen im Jahr 2011 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.