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Friedenspreis 1954

Carl Jacob Burckhardt

Der Stiftungsrat für den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels wählt den Schweizer Diplomat und Historiker Carl J. Burckhardt zum Träger des Friedenspreises 1954. Die Verleihung findet während der Frankfurter Buchmesse am Sonntag, 26. September 1954, in der Paulskirche statt. Die Laudatio hält Bundespräsident Theodor Heuss.

Begründung der Jury

Carl Jacob Burckhardt, der als Historiker, Biograph und Essayist die geschichtliche Erscheinung und die menschliche Begegnung in ihrer schöpferischen Bedeutung zu erfassen und mit meisterhafter Gestaltungskraft zu zeitloser Wirksamkeit zu bringen vermag, und der sein weltoffenes Leben als Humanist, Diplomat und Helfer der leidenden Menschheit dem Gedanken des Friedens, der Verständigung unter den Völkern und der Bereitschaft des Herzens verpflichtet hat, verleiht der Börsenverein Deutscher Verleger- und Buchhändler-Verbände in Ehrfurcht vor seiner Persönlichkeit und seinem Wirken den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

Preisverleihung

Reden

Ob wir Ihre Bücher lesen, Ihren Worten lauschen, ob wir Ihren Aufgaben und Ihrem Bemühen als Diplomat oder als Helfer der durch Kriege Bedrängten und Entwurzelten folgen, überall tritt uns die ordo amoris entgegen, die Ordnung des Lebens aus der Verpflichtung und der Liebe zum Menschen.

Arthur Georgi - Grußwort
Arthur Georgi
Grußwort des Vorstehers

Bescheidene Bitte an die Presse: keinerlei Headlines »Heuss vergleicht Carl Burckhardt mit Karl May«. Der Unterschied ist nämlich auch mir nicht unbekannt!

Theodor Heuss - Laudatio auf Carl Jacob Burckhardt
Theordor Heuss
Laudatio

Unlösliche Bindungen der Treue und Dankbarkeit lassen uns unserm Vaterlande angehören. Dies steht als ein Bestandteil unseres Schicksales fest. Unsere innere Heimat aber können wir in Freiheit täglich erweitern und vertiefen, immerzu können wir das Fremde und scheinbar Feindliche auflösen und mit seinem Wesen vertraut werden.

Carl Jacob Burckhardt - Dankesrede
Carl Jacob Burckhardt
Dankesrede des Preisträgers

Chronik des Jahres 1954

+ + + Ende Februar 1954 beschließt der Bundestag die erste Wehrergänzung zum Grundgesetz. Nachdem Bundesrat und die Alliierte Hochkommission zustimmen, ist der Weg zur Gesetzgebung über die Verteidigung einschließlich der Einführung einer allgemeinen Wehrpflicht frei. + + + Ende März erweitert die Sowjetunion die Rechte der DDR und behandelt sie ab sofort als souveränen Staat. Bundesregierung und Bundestag lehnen die Anerkennung der DDR ab und stellen den Alleinvertretungsanspruch der Bundesrepublik fest. + + + Mit der Unterzeichnung der »Pariser Verträge« werden Deutschlands Souveränität, die Wiederbewaffnung sowie die Eingliederung in die WEU und in die NATO festgeschrieben. + + +


+ + + Der Krieg in Indochina entwickelt sich für Frankreich zu einem Debakel. Die Genfer Indochina-Konferenz sucht schließlich eine dauerhafte Lösung für die zu finden. Der Krieg wird zwar im Juli beendet, doch mit der Teilung in einen kommunistischen Norden und einen von Amerika protegierten Süden Vietnams wird zugleich der Grundstein für den nächsten Konflikt gelegt. + + + Mit einem 3:2-Sieg über Ungarn wird die Bundesrepublik Deutschland am 4. Juli in Bern Fußballweltmeister. + + + In den USA erfinden Wissenschaftler die Silizium-Solarzelle zur direkten Umwandlung von Sonnenlicht in elektrischen Strom. + + + Im November bricht der Algerienkrieg aus, der 1962 mit der Unabhängigkeit des Landes endet. + + + Der Bundestag lehnt es kurz vor Weihnachten ab, unverheirateten Frauen die Anrede »Frau« für den Umgang mit Behörden zuzugestehen. Damit bleibt die Bezeichnung »Fräulein« im amtlichen Sprachgebrauch gültig. + + +

Biographie Carl Jacob Burckhardt

Der am 10. September 1891 in Basel geborene Carl Jacob Burckhardt stellt sein Leben in den Dienst der Völkerverständigung. Der Sohn einer der bekanntesten Familien der Schweiz tritt deshalb nach seiner Promotion in den diplomatischen Dienst ein. Zwischen 1918 und 1921 ist Burckhardt Attaché bei der Schweizer Gesandtschaft in Wien. Anschließend nimmt er einen Ruf an die Universität Zürich an und unterrichtet von 1932 bis 1945 als ordentlicher Professor für Neuere Geschichte am Genfer Institut des Hautes Etudes.


Als Hoher Kommissar des Völkerbundes in Danzig bemüht er sich in den Jahren 1937–39 vergeblich, den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zu verhindern. Auch als Präsident des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (1944–47) und als Gesandter der Schweiz in Paris (1945–49) bemüht sich Burckhardt stets um eine europäische Kooperation.

Bereits vor seiner Pensionierung im Jahre 1949 hat Burckhardt zahlreiche historische und biographische Werke verfasst und arbeitet ehrenamtlich in verschiedenen internationalen Organisationen weiter.

Carl Jacob Burckhardt stirbt am 3. März 1974 im Alter von 82 Jahren.

Auszeichnungen

1961 Kulturpreis der Stadt Basel
1959 Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst
1959 Johann-Peter-Hebel-Preis
1958 Willibald-Pirckheimer-Medaille
1954 Friedenspreis des Deutschen Buchhandels
1950 Hansischer Goethe-Preis
1949 Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main

Bibliographie

Meine Danziger Mission 1937-39

1960

Bildnisse

1958

Karl V.

1954

Begegnungen

1954

Mehr anzeigen

Vier historische Betrachtungen

1953

Drei Erzählungen

1952

Reden und Aufzeichnungen

1952

Erinnerungen an Hugo von Hofmannsthal

1948

Ein Vormittag beim Buchhändler

1943

Gespräche in Peking

1942

Gestalten und Mächte

1941

Richelieu

1935

Maria Theresia

1935

Zur Entstehung des österreichischen Reichsgedankens

1926

Kleinasiatische Reise

1926

Der Schultheiß Charles Neuhaus

1924

Die Schweiz von 14 bis 23

1924

Laudator Theodor Heuss

Der am 31. Januar 1884 in Brackenheim geborene Heuss studiert Staatswissenschaften und Kunstgeschichte und arbeitet danach als Journalist. 1912 wird er Chefredakteur der Neckarzeitung und redigiert zudem die Kunst- und Kulturzeitschrift März.


1919 tritt er der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) bei und sitzt von 1924 bis 1928 als Abgeordneter im Reichstag. Er veröffentlicht zahlreiche politische Bücher, darunter 1932 ein Buch über Adolf Hitler, in dem er auf die Gefährlichkeit des Nationalsozialismus und seines Führers hinweist.  Nach 1933 muss Heuss seine Dozentenstelle an der Berliner Hochschule für Politik aufgeben. Drei Jahre später erhält er Publikations-verbot, schreibt aber unter dem Pseudonym »Brackenheim« weiter.

Nach 1945 engagiert sich Heuss für den Aufbau eines demokratischen Deutschlands. Er ist Mitbegründer der Demokratischen Volkspartei, die 1948 in der FDP aufgeht. Als Mitglied des Parlamentarischen Rates arbeitet er maßgeblich an der Formulierung des Grundgesetzes mit.

1949 wird er zum ersten Bundespräsidenten gewählt. Heuss trägt dazu bei, dass Deutschland international wieder Anerkennung und Vertrauen gewinnt. Vor allem die unabdingbare Hinwendung zu einer friedlichen Gesellschaft, die er unter anderem als zweimaliger Laudator beim Friedenspreis unter Beweis stellt, und seine zahlreichen Staatsbesuche im Ausland tragen dazu bei, dass sich das internationale Ansehen Deutschlands ändert. Mit Beendigung des Präsidentenamts 1959 widmet er sich vorrangig wieder seiner literarischen Arbeit.

Theodor Heuss stirbt am 12. Dezember 1963 im Alter von 79 Jahren.