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Friedenspreis 1951

Albert Schweitzer

Der Stiftungsrat wählt den deutschen Arzt und Theologen Albert Schweitzer zum Träger des Friedenspreises 1951. Die Verleihung findet erstmals während der Frankfurter Buchmesse am Sonntag, 16. September 1951, in der Paulskirche statt. Die Laudatio hält Bundespräsident Theodor Heuss.

Begründung der Jury

Im Namen der deutschen Verleger und Buchhändler verleihen wir Herrn Professor Dr. Albert Schweitzer den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

Dank und Ehre wird dadurch bezeugt, dem mutigen und tapferen Vorkämpfer für das friedliche Werk an den Armen und Schwachen, dem Manne, der in einem langen, mühe- und opfervollen, erfolgreichen Leben in Wort und Tat für die Ziele eines edlen Menschentums wirkte, in Zeiten, in denen die Menschen und Völker durch Zwiespalt, Haß und Kriege sich an den Rand des Abgrundes brachten.

Wir bekunden durch die Stiftung des Preises unseren eigenen Willen, mit allen Kräften an der Erhaltung und Festigung des Friedens und der Freiheit aller Völker der Welt mitzuarbeiten.

Preisverleihung

Reden

Wir wollen uns klar und deutlich abwenden von dem Geiste der Vergangenheit – dem Geiste der Gewalt, des Krieges und die Zwietracht –, der unserem Volke, der Europa und der ganzen Welt Unheil, Unordnung, Tränen und Blut genug gebracht hat.

Josef Knecht - Grußwort
Josef Knecht
Grußwort des Vorstehers

Wem von uns das deutsch-französische Verhältnis zum europäischen Zentralproblem geworden ist,[…] dem ist Albert Schweitzer heute ein Symbol, das Symbol des Menschen, der von beiden Nationen geistig nahm, der beiden diente und beide reicher machte und der in beiden geliebt wird.

Theodor Heuss - Laudatio auf Albert Schweitzer
Theodor Heuss
Laudatio

Es geht etwas vor in unserer Zeit, was uns dies erhoffen läßt. Der Geist der Humanität ist nicht tot. Er lebt in der Verborgenheit, und er hat es überwunden, daß er ohne Welterkenntnis sein muß.

Albert Schweitzer - Dankesrede
Albert Schweitzer
Dankesrede des Preisträgers

Chronik des Jahres 1951

+ + + Das Jahr 1951 steht im Zeichen des europäischen Zusammenwachsens. Im März erhält die Bundesrepublik begrenzte Souveränität in außenpolitischen und wirtschaftlichen Bereichen. Am 18. April wird die Montanunion gegründet, einer der Grundpfeiler der späteren Europäischen Gemeinschaft. Im Mai billigt der Europarat die Aufnahme der Bundesrepublik als vollberechtigtes Mitglied des Rates. + + + Im gleichen Monat erringt die neonazistische Sozialistische Reichspartei (SRP) bei den Landtagswahlen in Niedersachsen elf Prozent der Stimmen. + + +


+ + + Großbritannien erklärt im Sommer die Beendigung des Kriegszustandes mit Deutschland, Frankreich und die USA folgen. + + + Das Zentralkomitee der SED beschließt am 17. März den Kampf gegen den »Formalismus« in Kunst und Literatur. So muss Paul Dessaus am selben Tag uraufgeführte Oper »Das Verhör des Lukullus«, mit dem Text von Bertolt Brecht, umgeschrieben werden. + + + Im August wird das erste Stalin-Denkmal in Deutschland in Ost-Berlin enthüllt. Die Volkskammer beschließt im Herbst das Gesetz über den Fünfjahresplan, den Beginn der zentralen staatlichen Planwirtschaft für langfristige Wirtschaftslenkung. + + + Im Juli wird die Sozialistische Internationale in Frankfurt am Main wiedergegründet. Am 8. September wird in San Francisco der Friedensvertrag von 48 Staaten mit Japan unterzeichnet. + + + In Tirol wird das erste SOS-Kinderdorf eröffnet, es bietet heimatlosen Kindern Betreuung in familienähnlichen Gemeinschaften. + + + Auf der Sitzung des Deutschen PEN-Zentrums im Oktober spaltet sich die bisher gesamtdeutsche Schriftstellervereinigung. Die Gründung des westdeutschen PEN-Zentrums findet am 4. Dezember in Darmstadt statt. Präsident wird Erich Kästner. + + +

Biographie Albert Schweitzer

Nach seinem Theologiestudium geht Albert Schweitzer, geboren am 14. Januar 1875 in Kaysersberg, im Jahr 1900 als junger Gemeindepfarrer nach Straßburg und wird dort ein Jahr später Leiter des theologischen Seminars. Von 1905 bis 1913 absolviert er ein Medizinstudium und macht sich danach auf den Weg nach Lambaréné (im heutigen Gabun), wo er als Missionsarzt arbeitet und ein Tropenhospital gründet.


In den Kriegsjahren 1917/18 ist Schweitzer als deutscher Staatsangehöriger in Frankreich interniert. Nach dem Krieg hält er in Schweden Vorträge über seine Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben. Mit Orgelkonzerten sammelt er Geld und kehrt 1924 nach Afrika zurück. Mühsam baut er das Hospital in Lambaréné wieder auf und richtet eine spezielle Abteilung für die Behandlung von Leprakranken ein.

Ein Jahr nach der Verleihung des Friedenspreises 1951 erhält Schweitzer den Friedensnobelpreis. Fortan tritt er verstärkt gegen die todbringende Spirale der atomaren Aufrüstung an und sieht im Pazifismus ein entscheidendes Gegengewicht. Trotz großen Unbehagens spricht er sich für eine einseitige Abrüstung aus, in der Hoffnung, dass die Öffentlichkeit eine weltbejahende, friedliche Kultur entwirft und somit Verantwortung für Krieg und Frieden übernimmt. Sein Appell an die Menschheit wird 1957 von rund 150 Radiosendern übertragen. Schweitzers literarisches Werk umfasst neben seinen theologischen und philosophischen Auseinandersetzungen über Ethik und seinen Erlebnisberichten aus Afrika auch zahlreiche musikologische Werke.

Albert Schweitzer stirbt am 4. September 1965 im Alter von 90 Jahren. 

Auszeichnungen

1959 Sonning-Preis der Universität Kopenhagen
1956 Ritter vom Orden des Hl. Lazarus von Jerusalem
1952 Paracelsus-Medaille
1952 Friedensnobelpreis 
1952 Die schwedische Prinz-Carl-Medaille
1951 Friedenspreis des Deutschen Buchhandels
1951 Johann-Peter-Hebel-Preis
1928 Goethepreis der Stadt Frankfurt

Bibliographie

Friede oder Atomkrieg

1958

Afrikanische Geschichten

1955

Das Problem des Friedens in der heutigen Welt

1954

Goethe. Vier Reden

1950

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NACH SEINEM TOD ERSCHIENENE BÜCHER

(Auswahl)

Wir Epigonen

2005

Vorträge, Vorlesungen, Aufsätze

2003

Geschichte des chinesischen Denkens

2002

Kultur und Ethik in den Weltreligionen

2001

Predigten 1898 - 1948

2001

Die Weltanschauung der Ehrfurcht vor dem Leben. Kulturphilosophie III

1999

Straßburger Vorlesungen

1998

Reich Gottes und Christentum

1995

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FRÜHERE BÜCHER

(Auswahl)

Die Weltanschauung der indischen Denker. Mystik und Ethik

1935

Aus meinem Leben und Denken

1931

Die Mystik des Apostels Paulus

1930

Aus meiner Kindheit und Jugendzeit

1924

Das Christentum und die Weltreligionen

1923

Kultur und Ethik. - Kulturphilosophie II

1923

Verfall und Wiederaufbau der Kultur. - Kulturphilosophie I

1923

Zwischen Wasser und Urwald. Erlebnisse eines Arztes im Urwalde Äquatorialafrikas

1921

Die psychiatrische Beurteilung Jesu. Darstellung und Kritik

1913

Geschichte der Leben - Jesu - Forschung

1913

Geschichte der paulinischen Forschung von der Reformation bis auf die Gegenwart

1911

Von Reimarus zu Wrede

1906

Deutsche und französische Orgelbaukunst

1906

Geschichte der Leben-Jesu-Forschung

1906

Jean-Sébastien Bach, le musicien-poète

1905

Das Abendmahl im Zusammenhang mit dem Leben Jesu

1901

Das Messianitäts- und Leidensgeheimnis. Eine Skizze des Lebens Jesu

1901

Laudator Theodor Heuss

Der am 31. Januar 1884 in Brackenheim geborene Theodor Heuss studiert Staatswissenschaften und Kunstgeschichte und arbeitet danach als Journalist. 1912 wird er Chefredakteur der Neckarzeitung und redigiert zudem die Kunst- und Kulturzeitschrift März. 1919 tritt er der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) bei und sitzt von 1924 bis 1928 als Abgeordneter im Reichstag. Er veröffentlicht zahlreiche politische Bücher, darunter 1932 ein Buch über Adolf Hitler, in dem er auf die Gefährlichkeit des Nationalsozialismus und seines Führers hinweist.


Nach 1933 muss Heuss seine Dozentenstelle an der Berliner Hochschule für Politik aufgeben. Drei Jahre später erhält er Publikations-verbot, schreibt aber unter dem Pseudonym »Brackenheim« weiter.

Nach 1945 engagiert sich Heuss für den Aufbau eines demokratischen Deutschlands. Er ist Mitbegründer der Demokratischen Volkspartei, die 1948 in der FDP aufgeht. Als Mitglied des Parlamentarischen Rates arbeitet er maßgeblich an der Formulierung des Grundgesetzes mit.
1949 wird er zum ersten Bundespräsidenten gewählt. Heuss trägt dazu bei, dass Deutschland international wieder Anerkennung und Vertrauen gewinnt. Vor allem die unabdingbare Hinwendung zu einer friedlichen Gesellschaft, die er unter anderem als zweimaliger Laudator beim Friedenspreis unter Beweis stellt, und seine zahlreichen Staatsbesuche im Ausland tragen dazu bei, dass sich das internationale Ansehen Deutschlands ändert. Mit Beendigung des Präsidentenamts 1959 widmet er sich vorrangig wieder seiner literarischen Arbeit.

Theodor Heuss stirbt am 12. Dezember 1963 im Alter von 79 Jahren.