1980 wurde der nicaraguanische katholische Priester, Schriftsteller und Politiker Ernesto Cardenal mit dem Friedenspreis ausgezeichnet. Die Verleihung fand am Sonntag, den 12. Oktober 1980, in der Paulskirche zu Frankfurt am Main statt. Die Laudatio hielt Johann Baptist Metz.
Begründung der Jury
Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verleiht der Börsenverein im Jahre 1980 Ernesto Cardenal, dem prophetischen Sucher nach Wahrheit, der in seiner Dichtung die Möglichkeit findet, Denken und Leben zu einer Einheit zu bringen, indem er die Würde des Menschen, seinen Anspruch auf Leben und Liebe, Freiheit und Frieden verteidigt.
Ein wortgewaltiger Mahner, der sein dichterisches Werk gegen die Hoffnungslosigkeit stellt und die Liebe als einziges Element der Veränderung kennt.
Reden
Sie kämpfen für Ihr Volk, für ein menschenwürdiges Dasein Ihrer Mitbürger, die gefangen waren in einem nicht enden wollenden schwarzen Schlaf der Unterdrückung und Unfreiheit. Ein Schlaf, ein Alptraum aus dem Sie sie erweckt haben zu einer neuen Helligkeit des Bewußtseins.
Rolf Keller - Grußwort
Rolf Keller
Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels
Grußwort
Im Namen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels grüße ich Sie herzlich, meine Damen und Herren. Ich grüße die Herren Ministerpräsidenten, die Exzellenzen und Vertreter ihrer Länder, Sie, Herr Oberbürgermeister, die Gäste, Freunde und Kollegen.
Wir sind zusammengekommen, um Sie, Señor Ernesto Cardenal, zu ehren, Ihr Werk, Ihr Wirken auszuzeichnen. Nach Alfred Grosser, Max Frisch, Leszek Kołakowski, Astrid Lindgren, Yehudi Menuhin habe ich die Ehre, als eine meiner letzten Amtshandlungen als Vorsteher des Börsenvereins, Ihnen den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels zu verleihen.
Die indianischen Urahnen haben es erträumt: die soziale Gerechtigkeit. Sie kämpfen dafür. Es ist die ewige Sehnsucht der Menschen. Sie sind ein Utopist im klassischen und besten Sinne. Der humane Sucher, der aus Utopie Wirklichkeit schaffen will. Der Realist, der die Würde dem Menschen wiedergibt. Der Mystiker, der im Leben steht und der es durch Liebe zu ändern versucht. Der Dichter einer prophetischen Botschaft an alle. Sie kämpfen für Frieden und Gerechtigkeit, gegen Diktatur und Machtmißbrauch, für Freiheit und Wahrheit.
Sie kämpfen für Ihr Volk, für ein menschenwürdiges Dasein Ihrer Mitbürger, die gefangen waren in einem nicht enden wollenden schwarzen Schlaf der Unterdrückung und Unfreiheit. Ein Schlaf, ein Alptraum aus dem Sie sie erweckt haben zu einer neuen Helligkeit des Bewußtseins. Zum Erkennen des Lichtes.
Das Wissen um den anderen, die Erkenntnis der eigenen Geschichte und der daraus resultierenden Verantwortung für jeden, der jetzt in Nicaragua an dem großen Werk des Aufbaues mitarbeitet, verleiht – und eben nicht zuletzt durch Sie initiiert und mit aller Kraft unterstützt - dem Einzelnen eine neue Würde und gibt einen neuen Sinn des Lebens.
Dieses Erwecken des Volkes und des Einzelnen ist Ihre Leistung. Und diese wollen wir heute ehren. Nicht mehr und nicht weniger. Weil es für Ihr Lebenswerk steht: Liebe und Frieden.
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Rolf Keller
Grußwort des Vorstehers
Durch das gesamte Werk Cardenals zieht sich die Utopie einer künftigen gewaltfreien Gesellschaft; alles an ihm zielt in Richtung einer gewaltfreien Friedenskultur. So wächst bei ihm das revolutionäre Bewußtsein über den Teufelskreis der Gewalt hinaus.
Johann Baptist Metz - Laudatio auf Ernesto Cardenal
Johann Baptist Metz
Paradigma für eine politische Kultur des Friedens
Laudatio auf Ernesto Cardenal
ernesto cardenal - ein produktives ärgernis
Wissen wir, wen wir in dieser Stunde ehren? Wissen wir, wer da als »Mann des Friedens« ausgezeichnet werden soll? Ernesto Cardenal, der Poet, der Priester und Revolutionär aus dem freien Nicaragua ist ein Ärgernis. Ein Sänger der Revolution als Träger des Friedenspreises? Eine Dichtung, in der Mystik schnurstracks in Politik, Poesie in revolutionäre Provokation mündet, als Friedensliteratur? Ich zitiere aus seiner »Epistel an Monsignore Casaldáliga«:
Vor kurzem fragte mich ein Journalist, warum ich Gedichte schriebe:
Aus dem gleichen Grunde wie Amos, Nahutn, Haggai, Jeremia ...
...
Jetzt ist nicht die Zeit für Literaturkritik
noch für surrealistische Gedichte gegen Militärdiktaturen.
Und wozu Metaphern, wenn die Sklaverei keine Metapher ist und keine Metapher der Tod im Fluß des Mortes und auch nicht die Todesschwadron?
Jetzt weint das Volk im pau-de-arara.
Doch jeder Hahn, der des Nachts in Brasilien kräht ist jetzt subversiv, er singt »Revolução«.
...
Monsignore, wir sind subversiv,
eine geheime Nummer auf einer Karte in Gott weiß welchem Archiv,
Nachfolger des schlechtgekleideten Proletariers und Visionärs, des
professionellen Aufwieglers, hingerichtet als Feind des Systems.
Wie Sie wissen, war es eine Folter für die Subversiven, das Kreuz, für die Politischen, und nicht ein Schmuckstück aus
Rubinen
auf der Brust eines Bischofs.
Wir haben keine Möglichkeit, diesen Text als exotische Literatur zu lesen. Cardenal schreibt und dichtet auch für uns. So aber ist und bleibt er ein Ärgernis. Daß er als »produktives Ärgernis« verstanden und angenommen werden kann, wollen meine folgenden Überlegungen zeigen:
- über Revolution und Frieden
- über Cardenal und sein Land als schöpferisches Vorbild einer neuen Friedenskultur
- über den »neuen Menschen« des Friedens, dort und hier
revolution und frieden
Hierzulande fällt es besonders schwer, revolutionäre Tat und politische Friedensgesinnung in Einklang zu bringen. Diese Schwierigkeit kommt nicht von ungefähr; sie hat ihre Wurzeln nicht zuletzt in der politischen Geschichte unseres Landes. Unsere historische und nationale Identität ist nicht auf eine gelungene Revolutionsgeschichte gegründet. Wir sind das Land der Kriege zwar, aber nicht das Land einer geglückten Revolution. Gelungene Revolutionen, falls man das so bezeichnen will, fanden allenfalls im Kopfe statt. Im Praktischwerden unserer Freiheit jedoch sind wir - bis heute - Kostgänger fremder Revolutionen, vor allem der französischen, geblieben. Unterschwellig prägt der kollektive Verdacht gegen jegliche Revolution und ihren Anspruch auf Friedensstiftung unser politisches Gewissen. Das politische Schicksal Nicaraguas erinnert uns überdies an unsere eigene jüngste Vergangenheit, an unsere Somoza-Situation während der Hitler-Diktatur. Und diese Erinnerung rührt schmerzlich an einen Schuldverdacht, der wie ein kollektives Trauma in uns nachwirkt: der Schuldverdacht nämlich, daß wir unsererseits viel zu wenig Widerstand gegen unsere Diktatur geleistet haben, viel weniger jedenfalls als das kleine Nicaragua gegen die seine. Auch das erschwert uns eine unbefangene Einschätzung revolutionären Widerstands. Um so höher wird man schätzen, daß der Börsenverein einem Dichter wie Ernesto Cardenal den Friedenspreis verleiht.
Natürlich gibt es gegen die Verbindung von Revolution und Frieden andere, grundsätzliche Vorbehalte. Als Theologe nenne ich einen, der das Verhältnis von Religion und Revolution, von Mystik und Politik berührt, nämlich den Einspruch der Liebe gegen revolutionäre Gewalt. Kann Gewalt, da sie doch so sehr der Liebe entgegengesetzt erscheint, überhaupt der Friedensstiftung dienen? Christen stehen da in einem Dilemma, und wir können ruhig davon ausgehen, daß Ernesto Cardenal diesen Konflikt in sich selbst erfuhr, als er sich - spät - auf die Seite des Gewaltwiderstands stellte. Das christliche Dilemma wurzelt in der unaufkündbaren Einheit von Gottesliebe und Nächstenliebe. Gottesliebe kann dem Christen gebieten, die eigene Ohnmacht anzunehmen und Unrecht für sich zu erleiden. Als Nächstenliebe darf sie sich jedoch nicht mit der Ohnmacht und der Unterdrückung der anderen, der »geringsten der Brüder«, abfinden und Gott nicht gewissermaßen mit dem Rücken zu diesen Leidenden lieben wollen. In der Sprache der Bergpredigt heißt das: es ist dem Christen zugemutet, auch die andere Wange hinzuhalten, wenn ihm auf die rechte geschlagen wird; es ist ihm aber nicht vergönnt, einen andern, dem auf die rechte Wange geschlagen wird, zu ermuntern, auch die linke hinzuhalten (vgl. Matth. 5, 39). Denn, und dies ist wiederum eine Zumutung der Bergpredigt, der Christ ist nicht nur für das verantwortlich, was er tut oder nicht tut, sondern auch für das, was er zuläßt, daß es andern geschieht. So bleibt das christliche Dilemma; außerhalb der Liebe ist es nicht zu überwinden und Unschuld nicht zu bewahren - weder durch ein Prinzip unbedingter Gewaltlosigkeit noch durch vermeintliche Neutralität, da derjenige, der nicht handelt, der Stimme sich enthält, an all dem mitschuldig werden kann, was ungetan, unversucht und ungerettet bleibt. Und weil Gewaltlosigkeit auch getarnte Feigheit sein kann, weil sie die Züge des Opportunismus tragen kann, ist das Antlitz der Liebe nicht eindeutig von ihr geprägt; Liebe kann - für Augenblicke, und niemals gesucht, immer aufgedrängt - das finstere Antlitz der Gewalt als Ausdruck ihrer Verzweiflung annehmen. Freilich so, daß die Liebe immer weiß, wie sehr sie durch jegliche Gewalt verletzt wird. Und ich bin zuversichtlich, daß Ernesto Cardenal eines Tages auch von diesen Wunden der Revolution, die sie sich selber schlug, sprechen wird.
Ernesto Cardenal: »Der wirkliche Revolutionär ist ein Feind der Gewalt, er will das Leben und nicht den Tod.« Durch das gesamte Werk Cardenals zieht sich die Utopie einer künftigen gewaltfreien Gesellschaft; alles an ihm zielt in Richtung einer gewaltfreien Friedenskultur. So wächst bei ihm das revolutionäre Bewußtsein über den Teufelskreis der Gewalt hinaus.
Angesichts der barbarischen Logik der Gewalt, wonach Gewalt immer wieder Gewalt gebiert, lassen sich zwei Reaktionsweisen unterscheiden. Die eine, die vor dieser Gewaltlogik resigniert und diese Resignation als anthropologische Bedingung ausgibt: Gewalt als unvermeidlicher Ausdruck der condition humaine. Und die andere, die davon ausgeht, daß es sich durchaus lohnt, um ein gewaltfreies, wenn auch nicht konflikt- und widerspruchsloses politisches Leben zu kämpfen - vorausgesetzt man weiß, daß das angestrebte Ziel der Gewaltlosigkeit niemals über den Mitteln steht, die zu seiner Durchsetzung angewandt werden, sondern daß es aus diesen Mitteln selbst entstehen muß. Nicht nur an ihren proklamierten erhabenen Zielen, sondern vor allem an den angewandten Mitteln läßt sich das kulturelle Niveau einer Politik ablesen. In diesem Sinne gilt der poetische und politische Kampf Cardenals der Transformation der politischen Mittel, damit aus diesen gewaltfreien Mitteln endlich auch Ziele des Friedens, Ziele eines gewaltlosen Lebens hervorgehen können. Sein Blick ist nicht der Blick der Gewalt, sondern der Blick der Liebe. Er hat Augen für die Opfer - für die weinenden Mütter und die ausgezehrten Kinder in seinem ausgebeuteten Volk ebenso wie für die anonymen Gewaltstrukturen, in denen sich eine als »Entwicklung« getarnte Abhängigkeit der Dritten von der Ersten Welt auswirkt; aber auch für die Opfer innerhalb unserer konsumistisch-kapitalistischen Welt: man denke z. B. an sein Gedicht über Marilyn Monroe.
Cardenals politische Poesie will nicht nur entlarven, auch nicht nur anklagen, sondern vor allem retten. Ihre Grundgebärde ist nicht Aggression, sondern »Protektion«: Sie sucht zu schützen, neu aufzudecken, was als Opfer unserer herrscherlichen Zivilisation längst vergessen und verdrängt ist; was im Gespräch der Sieger (das sich nicht selten als Sprache Gottes ausgibt) längst sprachlos verstummt ist. Sie versucht nicht nur das Gelungene, sondern auch das Zerstörte, nicht nur das Verwirklichte, sondern auch das Verlorene zu erinnern und sich so gegen die plane Sieghaftigkeit des Gewordenen zu wenden. Dafür steht z. B. Cardenals Neigung zur altamerikanischen, prähispanischen Poesie und Kultur Lateinamerikas, ausdrücklich sein Epos »Für die Indianer Amerikas«. Ihnen schaut er nicht etwa ein primitives Sprachmuster ab, um mit ihm dann in der Welt unserer verbrauchten Poesie zu kokettieren. Nein, er spricht die abgebrochene Geschichte, das von uns unterbrochene Friedensgespräch indianischer Menschen mit der Natur weiter; er setzt es unmerklich in unsere Sprache hinein fort, um deren objektive Gewalttätigkeit mit der Kraft seiner Poesie zu brechen. Sein poetischer Kampf wendet sich gegen eine Zivilisation, in der Menschen ihre Identität an der Unterwerfung der Natur gebildet haben und dann dieses Unterwerfungsprinzip auf die zwischenmenschlichen und sozialen Beziehungen übertrugen. Solche poetische Kritik unserer herrscherlichen Tugenden ist nicht der geringste Beitrag Cardenals zur Kritik der Gewalt und zum Aufbau einer Friedenskultur. Für sie hat er nicht nur bei Marx und dessen revolutionärem Pathos, sondern auch bei Gandhis Ethos der Gewaltlosigkeit, nicht nur vom Zorn der biblischen Propheten, sondern auch von der Sanftmut der Indios gelernt.
schöpferisches vorbild einer friedenskultur
Eine Revolution kann immer auch nach jenen Antlitzen beurteilt werden, die aus ihr auftauchen. In Nicaragua waren es nicht Generäle, Funktionäre und Bürokraten, sondern Poeten, Priester und Pädagogen. Zyniker der Macht werden dieses gewiß fragile Bündnis zwischen Politik und Kultur verächtlich abtun. Andere werden es als entwicklungsbedingtes Erscheinungsbild der Politik in einem »unterentwickelten« Land gelten lassen, freilich ohne jeglichen Impulswert für die arbeitsteiligen hochkomplexen Gesellschaften unserer Ersten Welt. Ich jedoch möchte hier die Vermutung aussprechen, daß sich in Nicaragua ein neues Verhältnis zwischen Kultur und politischer Gesellschaft abzeichnet, ein Projekt der gesellschaftlichen Identitätsbildung, das die Kraft des Anstoßes oder gar des Exempels für eine politische Friedenskultur überhaupt in sich birgt.
Es scheint mir wichtig, Ernesto Cardenal in diesem politisch-kulturellen Prozeß zu sehen und zu würdigen. Nur dann wird man auch sein die vertrauten poetischen Muster ständig verletzendes und durchbrechendes Werk nicht mißverstehen oder unterschätzen. In ihm drückt sich nämlich das Projekt einer Basiskultur aus, in dem Menschen vorzüglich über die Sprache religiöse und politisch-soziale Identität gewinnen sollen.
Wer Cardenal so sieht, wird zwar seine »Psalmen«, die heute in aller Welt gelesen werden, nicht unterschätzen. In ihnen spricht Cardenal schließlich eine Gebetssprache, die die gesellschaftlichen Konflikte und Leiden glaubwürdig in sich aufgenommen hat und die deutlich machen kann, was die Menschheit an Möglichkeiten der Krisen- und der Leidenssprache verlieren würde, wenn die jahrhundertealte Sprache der Gebete aus ihr verschwände. Freilich spricht hier der Dichter »stellvertretend« für die Leidenden, Unterdrückten und Verfolgten. Sie selbst bleiben stumm, die tödliche Bedrohung ihrer Indentität wird beklagt, aber - noch nicht - sprachlich überwunden. Anders in dem inzwischen auch weitverbreiteten »Evangelium der Bauern von Solentiname« - Aufzeichnungen von Gesprächen, die Cardenal auf der Insel Solentiname im Großen See von Nicaragua mit »seinen« armen landlosen Bauern anläßlich der gemeinsamen sonntäglichen Gottesdienste über einzelne Abschnitte des Evangeliums führte. Hier ist er nicht mehr nur der Poet mit menschenfreundlichen Gedanken und Meditationen, hier ist er Sokrates, der Maieutiker, der anleitend, helfend und auch hörend, selber schmerzlich lernend, mit den Unterdrückten eine Sprache der Leiden und der Hoffnungen spricht. Hier ist er Inspirator und Zeuge einer Basiskultur, in der Menschen angesichts tiefster Erniedrigung und Bedrohung Ansätze und Perspektiven für eine neue solidarische Identität gewinnen.
Diese Identitätsbildung geschieht am Evangelium. Nicht am entbilderten und auf die vermeintlich unüberbietbaren Plausibilitäten moderner Gesellschaft hin entmythologisierten Evangelium. Sondern an einem schockierend wörtlich genommenen Evangelium, gehört und tastend verstanden von Menschen, die sich weigern, dieses Evangelium einfach ihren eigenen elenden Verhältnissen anzupassen, sondern sich unter dessen Zuspruch aufmachen, die Verhältnisse so zu ändern, daß sie ihrerseits besser zum Geist und zur Prophetie dieses Evangeliums passen. Und so hat sie ihre am Evangelium erweckte und gebildete christliche Identität gleichzeitig zu Subjekten ihrer politischen Befreiung gemacht. Religiöse und politisch-kulturelle Identitätsbildung gehen hier Hand in Hand - anders als in unserer europäischen Kulturgeschichte, in der die Prozesse der Aufklärung und der politischen Freiheit immer eher zu einer massenhaften Schwächung religiöser Identität geführt haben.
Das freie Nicaragua sucht heute diese Basiskultur in der Gestalt jenes gesellschaftlichen Lernens zu praktizieren, das unter dem Stichwort »Alphabetisierung« bekannt wurde. Hier werden nicht Unmündige von Mündigen und Wissenden in das Funktionieren eines gesellschaftlichen Systems eingeübt, sondern im entschulten Prozeß gegenseitigen Lernens und Belehrens soll ein neues gesellschaftliches Bewußtsein, eine neue kollektive Identität überhaupt entstehen. Das bisher in Unterdrückung und Ohnmacht verstummte Volk lernt nicht nur, es lehrt auch, belehrt die Lehrenden über seine eigene Leidensgeschichte und verpflichtet sie auf sein Gedächtnis. Diese Art von Basisaufklärung verhindert gerade, daß das politisch befreite Volk zur lenkbaren Masse einer selbsternannten revolutionären Elite werden kann. Das Volk selbst erfährt sich als Subjekt des neuen gesellschaftlichen Prozesses, und es läßt sich dabei sein Gedächtnis und die in ihm aufbewahrten Symbole ersehnter Identität nicht propagandistisch ausreden.
Dieses neue gesellschaftliche Lernen, diese Art von »Volkskultur«, von Basisaufklärung im Interesse von Identitätsbildung ist unserer westlichen Zivilisation ebenso fremd wie den östlichen Sozialismen. Wäre hier womöglich für uns nicht nur etwas zu bewundern, sondern auch produktiv nachzuahmen oder zu übernehmen? Ich weiß, daß ich mich mit einer solchen Frage schnell dem Verdacht der Naivität aussetze. Wie schon könnte unsere hochentwickelte und hochkomplexe Gesellschaft am Nicaragua Cardenals ein Vorbild politischer Kultur des Friedens finden? Doch, was heißt »Entwicklung«? Mißt man sie am Wirtschaftswachstum und am Bruttosozialprodukt, sind wir gewiß hochentwickelt. Nimmt man aber als Maßstab von »Entwicklung« die Kraft zur Identitätsbildung, dann könnte dieses Nicaragua, das ökonomisch nicht nur unser schwach entwickelter Partner, sondern auch unser Opfer ist, kulturell unser Vorbild sein.
Auch wir stehen ja vor der Aufgabe einer neuen Identitätsbildung. Sie ist in meinen Augen das entscheidende politisch-kulturelle Friedenswerk, das uns, den Bürgern dieser Ersten Welt, heute aufgegeben ist. Eines der epochalen Kennzeichen unserer Situation ist, daß die Dritte Welt unausweichlich und unwiderruflich in unsere eigene sozial-ökonomische und politische Situation eingerückt ist. Diese Tatsache gehört heute zu den Ausgangspunkten jeder Friedensgestaltung. Sie verbietet eigentlich jeden taktischen Provinzialismus unserer Politik und auch jeden eingeschliffenen Eurozentrismus unseres politischen Weltbildes; jene Betrachtungsweise also, welche die aufgebrochenen Gegensätze zwischen den armen Ländern der Dritten Welt und den reichen der Ersten durch ein sanft gleitendes, allemal von uns gesteuertes Entwicklungskonzept zu überbrücken hofft, ohne daß bei uns selbst einschneidende Veränderungen gefordert wären. Wer Opfer so zu schwach entwickelten Partnern umstilisiert, macht Apathie zum Fundament seiner politischen Kultur. Die aber würde am Ende nur in besinnungslose und perspektivenlose Selbstbehauptung, nicht aber in die politische und moralische Gestaltung des Friedens führen. Diese Friedensgestaltung fordert in der Tat eine neue gesellschaftliche Identitätsbildung bei uns: Wir können unsere eigene soziale und politische Identität nicht mehr ohne Rücksicht auf die Armut, das Elend und die Unterdrückung in der Dritten Welt definieren - und nicht gegen sie! Diese neue Identität ist noch nicht politikfähig. Sie ist Aufgabe einer politischen Kultur des Friedens.
Die uns in unserer politischen Kulturgeschichte vorgegebenen Muster der Identitätsbildung reichen für sie nicht aus. Der bürgerliche Individualismus hat im Gefolge von Reformation, Aufklärung und Französischer Revolution und den mit ihnen zusammenhängenden Wirtschaftsstrukturen die Idee des Individuums so abstrakt und isoliert vorgetrieben, daß die historisch herausgebildete bürgerliche Individualität heute nur noch schwach solidarisierungsfähig ist. Es bedürfte aber gerade einer starken Fähigkeit zur Solidarisierung, um bei der Bildung dieser neuen gesellschaftlichen Identität die unverzichtbaren Errungenschaften bürgerlicher Freiheitsgeschichte und Aufklärungsgeschichte zu retten und die Barbarei einer politischen Negation des einzelnen abzuwenden. Die europäische Aufklärung ist bis heute zu dualistisch geblieben; immer noch reproduziert sie den Gegensatz zwischen Kultureliten und kulturell isoliertem Volk, zwischen einer Art Expertenkultur und kulturell verarmter Basis. Ich erinnere hier nur an die Kulturkatastrophe in der Nazizeit. Warum hat eigentlich das Volk, als ihm der Kulturterror der Nazis seine beste Literatur, seine größte Kunst raubte und schändete, sich nicht wirksamer gewehrt? Nur aus Opportunismus nicht, aus politischer Feigheit nicht, weil »das Volk« so viel feiger war als die verfolgten Kulturträger? Oder vielleicht auch deswegen nicht, weil »das Volk« diese Kulturgüter zu wenig als seine eigenen erkennen konnte?
Ich riskiere es deshalb, auch bei uns von der Notwendigkeit einer politischen Basiskultur zu sprechen (wobei ich das Wort »Basis« auch deshalb bevorzuge, weil man bei uns, aus historischen und auch soziologischen Gründen, das Wort »Volk« in diesem Zusammenhang nicht mehr ungeniert gebrauchen kann). Diese Basiskultur hätte bei uns endlich die »halbierte Aufklärung« zu überwinden, in der zu ausschließlich der Besitzbürger der Träger politischer Kultur war und andere Gruppen und Klassen kulturell entwichtigte oder auch gänzlich unsichtbar machte. Es gibt bei uns durchaus schon Ansätze zu einer solchen Basiskultur. Ich beschränke mich auf einen Hinweis aus jenem Kulturbereich, der mir am vertrautesten ist, den Bereich der Religion und der Kirche. Gerade unter dem Eindruck, daß die armen Kirchen der Dritten Welt nicht nur Fürsorgefälle für unsere reichen Kirchen hierzulande sind, sondern daß wir um unserer christlichen Identität willen auf die religiös-politische Prophetie dieser Kirchen zu achten hätten, bildet sich bei uns behutsam so etwas wie eine Basisreligion aus, eine Art Basiskirche im Unterschied zur reinen Betreuungskirche oder auch zur bürgerlichen Servicekirche. Sie ist vergleichsweise auch politisch viel bewußter und differenzierter - aber eben nicht in dem Sinn, in dem man einer Basiskultur gern schlechte Politisierung der Kultur vorwirft: sie unterwirft und beugt sich nämlich nicht einer vorgefaßten, anderweitig bereits in Geltung gesetzten Politik; sie ist vielmehr an der Entstehung eines neuen politischen Bewußtseins beteiligt, damit die uns unerbittlich abverlangte neue Identitätsbildung endlich in einem demokratischen Sinn politikfähig werde.
Ich zögere nicht, diesen Prozeß einer politischen Basiskultur als unsere Art der Nachalphabetisierung zu bezeichnen. Für sie kann das Nicaragua Cardenals wenn schon nicht ein unmittelbares Vorbild, so doch ein kräftiger Anstoß sein. Die Kraft einer politischen Kultur erweist sich allemal daran, inwieweit sie fähig ist, sich selbst in der Begegnung mit anderen politischen Kulturen zu entwickeln.
der »neue mensch« des friedens, dort und hier
In einem Gespräch mit Hermann Schulz, seinem Wuppertaler Verleger, der sich wie kein anderer um die Präsenz des Dichters und seines Landes bei uns verdient gemacht hat, sprach Cardenal - provozierend genug - von der »Heiligkeit der Revolution«. Ehe wir protestieren oder differenzieren, sollten wir vielleicht an all das denken, was wir unsererseits lautlos heiliggesprochen haben, was uns längst zum säkularen Mythos geworden ist: unsere bürgerliche Unnahbarkeit; der Mythos unserer mitteleuropäischen Entwicklungslogik, derzufolge wir allemal die Spitze der gesellschaftlichen Evolution darstellen; der Mythos von der Unveränderlichkeit unserer bürgerlichen Gesellschaft, dem alles unterworfen ist, der alles durchdringt, auch die Religion, so daß sie inzwischen zur bürgerlichen Religion geriet, zur politischen Religion der Bürger, in der unsere Gesellschaft noch einmal sich selbst befestigt und in der Gott zwar zitierfähig bleibt, aber kaum anbetungswürdig erscheint, weil er nicht eingreift, nicht stürzt und aufrichtet, sondern - als »Wert« - unsere vorgefaßte bürgerliche Identität überwölbt. Gleichwohl möchte ich das Wort Cardenals nicht aufnehmen. Ich möchte lieber von der Einsamkeit und Verletzlichkeit dieser Revolution und des in ihr gesuchten und gefeierten »neuen Menschen« des Friedens sprechen. Schließlich hat die Stabilität dieses Friedensprojekts ihre allemal prekären Voraussetzungen.
Einmal hängt sie, nach allem, was ich vorhin sagte, auch am Gelingen einer Friedenskultur bei uns. Auch bei uns muß es diesen »neuen Menschen« des Friedens geben; auch bei uns muß sich ein neues gesellschaftliches Individuationsprinzip durchsetzen, das weder in den bürgerlichen Individualismus noch ins subjektlose Kollektiv führt, sondern in eine neue Solidarität, in der wir Menschen dieser Ersten Welt unsere soziale und politische Identität nicht mehr gegen andere, gegen Menschen schwächerer Länder und Klassen durchsetzen, sondern mit ihnen. Diese »Umkehr zum Frieden« (biblisch heißt sie «Umkehr der Herzen« und bezeichnet keineswegs einen reinen Gesinnungswandel, weil der reine Wandel der Gesinnung auch die Gesinnung nicht ändert): diese »Umkehr zum Frieden« wäre unser grundlegender Beitrag zum Friedensprojekt Nicaraguas.
Natürlich gibt es auch innere Voraussetzungen für eine dauerhafte Entfaltung der revolutionären Friedenskultur dort. Davon kann Ernesto Cardenal viel besser sprechen. Dennoch möchte auch ich abschließend auf sie hinweisen dürfen - und dies mehr in der Form der Bitte und der Erwartung. »Verzeihen«, so hat mir Tomás Borge, der im revolutionären Widerstand selbst schwer gefolterte Innenminister des Landes, versichert, »Verzeihen ist für uns eine revolutionäre Tugend.« Und das neue Nicaragua hat damit ernst gemacht, hat die Todesstrafe abgeschafft und sucht die ehemaligen Feinde der Revolution nicht zu vernichten, sondern nach seinen Kräften und Möglichkeiten zu resozialisieren. Freilich, verzeihen kann eigentlich nur, wer sich selbst auch für schuldfähig hält. Und so wird es für alle wichtig sein, daß der »neue Mensch« des Friedens in Nicaragua sich selbst auch für schuldfähig erachtet, und dies gerade im Namen seines revolutionären Gewissens! Denn schuldfähig sein ist eigentlich nicht ein Zeichen der Ohnmacht und der Unterdrückung, sondern eine der großen Zumutungen an die menschliche Freiheit.
Irgendwann wird die erste Begeisterung über das Gelingen der Revolution verklingen und der quasi messianische Glanz über dem neuen Land verdämmern. Dann kann diese moralische Einschätzung der Revolution, diese Bereitschaft des revolutionären Lebens zur eigenen Schuldfähigkeit das freie Nicaragua davor bewahren, die in ihm auftauchenden Konflikte und Widersprüche schlichtweg nach außen zu projizieren und die neu gewonnene Identität an der Wurzel durch neue Verfeindungszwänge zu befestigen. Ich weiß, eine solche Zumutung ist groß, doch groß ist auch die Hoffnung, die sich an dieses Land knüpft.
Lieber Ernesto, ich habe den Willen zu solcher Friedensgestaltung bei Dir, bei Deinen politischen Kampfgenossen, bei den Menschen Deines Landes erlebt. Ich weiß, daß Du als Sieger nicht vergessen wirst, was Du als Verfolgter über die Ausübung der Macht, über Säuberungen und Gewalt gesagt hast. Und Ihr werdet auch, sollte es nötig sein, jenen anderen revolutionären Mut haben, nicht nur den ersten zum revolutionären Widerstand gegen Unterdrückung und Ausbeutung, sondern auch den zweiten Mut des Widerstands gegen alles, was im Sieg die Ideale dieser Revolution zu verraten und zu schwächen droht. All das macht Eure Revolution so verletzlich in dieser friedlosen, gewalttätigen Welt. Aber eben auch so verheißungsvoll. Es macht sie zu einem im Rücken der Weltpolitik listig eingeführten Experiment einer neuen Friedenskultur. Mißlänge es, so oder so, wir wären alle um eine Friedenshoffnung ärmer. Dieser Hoffnung aber gilt Deine Arbeit, Dein poetischer und politischer Kampf für Nicaragua - und für uns. »Nicaragua libre« es no solo una realidad, sino también una esperanza!
Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Der Nachdruck und jede andere Art der Vervielfältigung als Ganzes oder in Teilen, die urheberrechtlich nicht gestattet ist, werden verfolgt. Anfragen zur Nutzung der Reden oder von Ausschnitten daraus richten Sie bitte an: m.schult@boev.de
Johann Baptist Metz
Laudatio
Ich glaube an das Himmelreich. Ich glaube, daß das Himmelreich die Erde und der Kosmos sind, die Gesellschaft der bewohnten Planeten. Und ich glaube an die Auferstehung der Toten in diesem Reich.
Ernesto Cardenal - Dankesrede
Ernesto Cardenal
Friedenspreisträger 1980
Dankesrede
Zu Beginn möchte ich dem Stiftungsrat für den Friedenspreis und dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels für die Auszeichnung mit diesem berühmten Preis danken, der immer Persönlichkeiten von weltweitem Ruf zuerkannt worden ist. Ich verdiene ihn nicht. Aber ganz sicher verdient ihn mein Volk. In meinen Augen ist dieser Friedenspreis durch meine Person an mein Volk verliehen, und im Namen meines Volkes bin ich gekommen, ihn in Empfang zu nehmen. Die Geldsumme, die mit diesem Preis verbunden ist, wird meinem Volk zugute kommen.
Ich halte es für bedeutsam, daß dieser Friedenspreis mir, einem Mann zugesprochen wurde, der den bewaffneten Kampf seines Volkes verteidigt und besungen hat. Und es ist tatsächlich so, daß wir mit diesem Kampf den Frieden gesucht haben. Diesen Frieden haben wir jetzt errungen. Den wirklichen Frieden, der nicht nur Abwesenheit des Krieges bedeutet. Den Frieden, den die Hebräer Shalom nannten und der auch Gerechtigkeit ist, das friedliche Zusammenleben des einen mit dem anderen, wo jeder seinen Wein in Frieden erntet, die Aussöhnung mit dem Nächsten, die Brüderlichkeit. Diesen Frieden - Shalom - konnten die Menschen, der Bibel zufolge, auch mitten im Krieg haben. Es konnte sogar sein, daß wegen dieses Friedens Krieg geführt wurde. Es ist der Frieden Jesu, der seine Jünger mit dem Wort Shalom - »Der Friede sei mit euch« - grüßte, der aber auch sagte, er sei gekommen, das Schwert zu bringen. Es ist der Friede, den es ohne Gerechtigkeit nicht geben kann, der untrennbar mit der Gerechtigkeit verbunden ist. Es gibt einen Psalm, in dem es heißt: »Gerechtigkeit und Friede küssen sich«.
In meinem Land hat es eine Revolution gegeben, die dazu geführt hat, daß sich jetzt der Frieden und die Gerechtigkeit küssen. Es ist ein Frieden, der durch einen sehr harten Kampf erreicht wurde, einen Kampf, der Nicaragua zurückließ wie Deutschland nach dem Weltkrieg.
Es war falsch und verfehlt, daß sich gewisse Hirten der Kirche dazu hergaben, die Waffen der Unterdrücker zu segnen. Aber es ist etwas anderes und sogar völlig Gegensätzliches, die Waffen der Unterdrückten zu segnen. Zum ersten, weil die einen dazu dienen, die Unschuldigen anzugreifen und die anderen, die Unschuldigen zu verteidigen. Und zum zweiten, weil es sich um sehr ungleiche Waffen handelt. Das Schwert Goliaths zu segnen ist nicht dasselbe, wie die Schleuder Davids zu segnen. Mir kommt dieser Vergleich in den Sinn, weil, während Somoza die aufständische Stadt León mit weißem Phosphor bombardieren ließ, der Bischof von León durchs Telefon und mitten im Bombenlärm dem Journalisten einer internationalen Nachrichtenagentur zuschrie: »Dies ist ein so ungleicher Kampf wie der zwischen David und Goliath.« Aber genau wie in der Bibel besiegte in Nicaragua David den Goliath.
Es gibt Christen, die kompromißlose Pazifisten sind, vor allem in den Vereinigten Staaten, und einige von ihnen sind meine Freunde. Aber ihre Haltung stimmt nicht mit der Bibel überein. Die Bibel segnet das Schwert des Holofernes in dem Augenblick, in dem es von Judith geschwungen wird. Ein nordamerikanischer Jesuit, der ein Freund von mir und einer dieser kompromißlosen Pazifisten ist, schrieb mir einen offenen Brief, in dem er meine Verteidigung des sandinistischen Kampfes verurteilt und mir sagt, kein noch so hohes Prinzip wiege soviel wie das Leben eines einzigen Kindes. Ich habe ihm geantwortet, damit sei ich vollkommen einverstanden, die Sandinisten kämpften für das Leben von Tausenden von Männern und Frauen, Alten und Kindern, die Tag für Tag ermordet werden, und kein noch so hohes Prinzip, nicht einmal das des kompromißlosen Pazifismus, wiege soviel wie das Leben eines einzigen dieser Kinder.
Ich wünschte, Sie hätten sehen können - oder sähen jetzt wenigstens in Filmen oder auf Fotografien - mit welch überschwenglicher Freude unser Volk die sandinistischen Kämpfer empfing, als sie als Sieger in Managua einzogen, und wie in jedem Ort, durch den sie kamen, diesen Jungen, diesen »muchachos«, wie unser Volk sie zärtlich nannte, zugejubelt wurde. Viele von ihnen waren fünfzehnjährige oder noch jüngere Kinder, darunter auch viele Mädchen. Ich wünschte, Sie hätten sehen können, wie das Volk diese Kämpfer umarmte. Während des Krieges trugen viele Häuserwände, die sich in jenen Tagen mit Parolen füllten, folgenden, beinahe biblisch klingenden Satz: »Gesegnet sei der Leib, der einem sandinistischen Kampfer das Leben schenkte.« Diese Kämpfer waren wirklich die Befreiung. Sie waren wirklich der Friede.
Der spanische Schriftsteller Quevedo hat einmal gesagt, es gebe nichts Schrecklicheres für ein Volk als die Tyrannei. Sie sei schlimmer als der Bürgerkrieg, weil sie der zur Herrschaft erhobene Bürgerkrieg sei. Wir haben fast ein halbes Jahrhundert lang diesen zur Herrschaft erhobenen Bürgerkrieg erlebt. Der Krieg, durch den wir uns davon befreit haben, war kein Bürgerkrieg, wie fälschlich oft behauptet wurde, sondern ein Befreiungskrieg. Und dieser Krieg hat uns den Frieden gebracht.
Die an diesem Kampf teilnahmen, wollten weniger den Tod der einen als das Leben der anderen. Ich kannte viele dieser jungen Kämpfer persönlich, einige von ihnen haben lange in meiner Kommune von Solentiname gelebt. Ich kann Ihnen sagen: sie griffen aus Liebe zu den Waffen, weil sie ein Land voller Schulen, Krankenhäuser und Kindergärten wollten, ein Land ohne Analphabeten, ohne Bettler und ohne Ausbeutung. In Nicaragua erlebten wir in den aufständischen Städten, wie ein ganzes Volk das Evangelium in die Praxis umsetzte. Einer opferte sein Leben für den anderen.
Das ganze Volk war bereit zu sterben, nur so konnte es sich befreien. Der Ruf aller war: FREIES VATERLAND ODER TOD! Viele sind gefallen, aber diesen Toten verdanken wir heute ein freies Vaterland. Die Fahne der Sandinisten ist rot und schwarz. Sandino sagte, das Schwarz symbolisiere das Sterben und das Rot das freie Vaterland. Aber er sagte auch einmal, das Schwarz bedeute Tod und das Rot Auferstehung. Alle, die ihr Blut in diesem Kampf vergossen, in diesem Kampf aus Liebe, starben nicht, um zu sterben. Sie sind auferstanden.
Heute ist das Volk glücklich mit seiner Armee. Weil es seine Armee ist, weil sie das Volk selbst in Waffen ist. Jeder kann nach Nicaragua kommen, um das festzustellen. Er wird merken, daß sich das Volk mit der Armee verbrüdert hat. Denn diese Armee besteht aus denen, die das Volk während des Krieges so zärtlich seine »muchachos« nannte, Jungen wie Mädchen. Heute fürchtet niemand mehr die grüne Uniform, die früher so viel Angst und Schrecken verbreitete, die früher ein wahres Trauma für Kinder wie für Erwachsene bedeutete, weil sie die Uniform des Völkermords war. Die Jugendlichen, die heute auf Posten stehen oder die Ordnung in den Straßen aufrecht erhalten, Fünfzehnjährige mit offenen Gesichtern, verbreiten gewiß keine Angst.
Wir haben nun einen Krieg beendet und sofort einen neuen begonnen. Vor kurzem begannen die nicaraguanischen Zeitungen, neue Kriegsberichte zu veröffentlichen. Einer von ihnen lautete: »Die verschiedenen Taktiken, die wir nach sorgfältiger Planung einsetzten in unserem Kampf gegen die Unwissenheit, zeitigten einen so nachhaltigen und durchschlagenden Erfolg, daß die Kampfmoral unserer Truppen in hohem Maße gestärkt wurde.« Und ein anderer: »Nach intensiver Erkundung der Kampfzone gelang es uns, das vom Feind hinterlassene Potential des Analphabetismus aufzuspüren. Nach Überwindung verschiedener, von der inzwischen vernichteten imperialistischen Reaktion geschaffener Hindernisse, die unsere Moral hätten untergraben können, haben wir uns von neuem in den Kampf gestürzt, der schon die ersten Früchte trägt.« Und ein dritter: »Wir sind fest entschlossen, den Kampf von neuem aufzunehmen, bis der Feind vollkommen vernichtet ist.« Und weiter: »Wir haben alle Gegenden, in denen der Feind, die Unwissenheit, unserem Angriff widerstand, belagert. Wir haben die Situation unter Kontrolle dank unseres Schnellfeuers aus Buchstaben und Liebe, und wo wir noch auf Widerstand stoßen, beseitigen wir ihn Schuß um Schuß.« In einem anderen dieser neuen Kriegberichte heißt es: »Unsere unerbittlichen Angriffe werfen den Feind immer mehr zurück. Die Feinde unserer Revolution sollen wissen, daß der Kampf, und sei er noch so hart, weitergeht, bis die Unwissenheit besiegt ist.« Und ein weiterer: »Wir führen einen harten Kampf gegen unseren Feind, die Unwissenheit. Um auch den letzten Widerstand zu beseitigen, greifen wir schon ab 2 Uhr nachmittags an. Die heftigsten Kämpfe finden jedoch jeden Nachmittag zwischen 4 und 6Uhr statt.« »Wir haben dem Feind hart zugesetzt, da wir Waffen von großer Durchschlagkraft einsetzten, wie zum Beispiel: A E I O U. Selbstverständlich verbreiteten diese Waffen Angst und Schrecken im feindlichen Lager.«
Diese Schlacht ist nun gewonnen. Mehr als die Hälfte der nicaraguanischen Bevölkerung konnte weder lesen noch schreiben. In fünf Monaten alphabetisierte die eine Hälfte die andere. Tausende von jungen Leuten verstreuten sich über das ganze Land, bis in die entlegensten Dörfer, die dichtesten Wälder, die unzugänglichsten Berge, oft unter großen persönlichen Opfern. Sie lebten bei den Bauern, aßen wie sie, tranken wie sie und arbeiteten mit ihnen so lange, bis alle diese entlegenen Gebiete zu vom Analphabetismus befreiten Territorien erklärt werden konnten. Diese Jugendlichen, Jungen und Mädchen, lehrten nicht nur, sie lernten auch von den Bauern. Das allerwichtigste: sie wurden Brüder. Die jungen Alphabetisatoren wurden von den Bauern, in deren Häusern sie lebten, Sohn oder Tochter genannt, und sie nannten sie ihrerseits »Papa« und »Mama«. Wenn sie dann in ihr altes Zuhause zurückkehrten, wußten sie, daß sie ein neues Zuhause gefunden hatten, eine neue Familie: einfach, arm und bäuerlich. Das ganze Land wurde seit diesem großartigen Kreuzzug der Alphabetisierung zu einer einzigen großen Familie. All dies war ein Sieg der Liebe.
Ich weiß, daß für viele in Deutschland das Wort »Revolution« einen schlechten Klang hat. Viele verstehen unter Revolution Terrorismus. Für uns dagegen ist es ein sehr schönes Wort, ein Wort, das wir gern aussprechen, weil es uns ein Synonym für Liebe ist. Wir leben in einem Land, in dem gerade eine Revolution gesiegt hat, und mit ihr hat der Frieden gesiegt. Zum ersten Mal kann das Volk ruhig schlafen. Wer nach Nicaragua kommt, sieht dort ein Volk, das lächelt, dessen Gesichter hell sind von einer neuen Sonne. Es herrscht Freude, man hat wieder Lust zu leben und zu arbeiten. Die Ernten waren dieses Jahr größer als früher. Das Land, das früher Somoza und seinen Anhängern gehörte - und es war ein großer Teil aller Ländereien Nicaraguas -, gehört jetzt dem Volk. Diese umfassende Agrarreform war darum so wichtig für uns, weil unser Land hauptsächlich ein Agrarland ist. Zusammen mit der Alphabetisierung war sie eine der vordringlichsten Aufgaben der Revolution. Und das war richtig so, denn es waren vor allem die Bauern, die am meisten unter der Unterdrückung gelitten hatten und die später den wichtigsten Beitrag zu unserem Kampf leisteten. Heute hat sich für die, die noch Land pachten, der Pachtpreis drastisch gesenkt. Heute ist auch in jenen Gebieten die medizinische Versorgung gewährleistet, in die etwas Ähnliches noch nie vorgedrungen war. Ist das alles nicht ein Werk der Liebe?
Ein Werk der Liebe ist der Bau von Krankenhäusern und die Einrichtung von Gesundheitszentren, die überall entstehen, trotz unserer Armut. Heute werden alle geimpft: wir sind dabei, die Seuchen auszurotten. Heute ist die Medizin etwas ganz anderes als früher. Früher war sie hauptsächlich ein Mittel, um Geld zu machen. Heute denkt man in erster Linie an die einfachen Leute, vor allem an die Allerärmsten.
Ebenso verändert hat sich die Erziehung. Sie ist heute wirklich jedem zugänglich, und sie ist kostenlos. Es ist endlich keine Erziehung mehr, die Egoisten heranbilden will, die nur lernen, wie man andere ausbeutet. Unsere Erziehung soll solidarische Menschen schaffen, neue Nicaraguaner, die die Schöpfung des »Neuen Menschen« in unserem Land einleiten. Es ist eine befreiende Erziehung, die den Menschen nicht zu einem gefügigen Untertan in einem System der Ausbeutung formen will. Vielmehr möchte sie Geist und Bewußtsein von dieser Ausbeutung befreien. Die Zahl der Schüler ist enorm gestiegen, die Zahl der Lehrer ebenso. Überall im Land entstehen neue Schulen, trotz unserer Armut. Auch das ist ein Werk der Liebe.
All dies waren Werke der Liebe: Die Preise der Grundnahrungsmittel wurden stabilisiert, die Zahl der Arbeitslosen gesenkt, mit dem Ziel, eines Tages die Arbeitslosigkeit vollkommen abzuschaffen. Das Land, das früher unbarmherzig abgeholzt worden war, wurde aufgeforstet, Wälder, Tiere und Fische, denen die Befreiung doch auch galt, wurden unter Schutz gestellt. Der Arbeit wurde neue Würde gegeben, die Forderungen der Arbeiter konnten so schnell wie möglich erfüllt werden: In wenigen Monaten entstanden mehr Gewerkschaften als während der ganzen Zeit des Somozismus. Die niedrigsten Löhne konnten angehoben werden, ohne daß diese Maßnahme zu einer Inflation führte.
Hinzuzufügen wäre, unter anderem, daß das Bankwesen verstaatlicht wurde, um es aus dem Wuchergeschäft, das es früher war, zu einer gemeinnützigen Einrichtung zu machen, die dem Volk dient, anstatt es auszurauben. Der Außenhandel wurde gleichfalls verstaatlicht, um ihn dem ganzen Volk zugute kommen zu lassen. Unsere Steuerreform ist darauf ausgerichtet, daß jetzt die Hauptlast von denen getragen wird, die das größere Einkommen haben, und nicht von der arbeitenden Bevölkerung. Früher mußte das Volk die meisten Steuern zahlen, während die Reichsten am wenigsten oder gar nichts beitrugen. Die Mieten sind um die Hälfte gesenkt worden, und anstelle der früheren Elendsviertel entstehen neue Wohnungen und Stadtteile.
Für die verwaisten und verlassenen Kinder, für unversorgte Frauen und Alte und für alle, die durch den Krieg Schaden gelitten haben, wurde ein neues Ministerium gegründet. Für die Kinder, die früher als Schuhputzer, Zeitungsjungen, Kaugummiverkäufer oder Wagenwäscher arbeiteten und die nie eine wirkliche Kindheit gekannt haben, weil sie von klein auf wie Erwachsene arbeiten mußten, wurde ein sehr schönes Programm geschaffen, das mit dem Guerillaausdruck »Operation« bezeichnet wird und das dafür sorgt, daß sie gleichzeitig lernen und spielen können. Die Kinder Nicaraguas werden jetzt die »Lieblinge der Revolution« genannt. Das Trümmerzentrum der Hauptstadt Managua, die 1972 zerstört wurde und die Somoza nie wieder aufbauen ließ, ist jetzt ein großer Park für Kinder, der den Namen eines zehnjährigen Jungen trägt, der Anführer einer Kindertruppe war und heute als Märtyrer der Revolution gilt.
Wir haben einen neuen Staat, demokratisch und vom Volk getragen, in dem die Bevölkerung täglich am öffentlichen Leben teilnimmt. Das Volk äußert frei seine Meinung. Es stellt seine Forderungen durch viele Gremien und alle öffentlichen Kommunikationsmittel, auf Versammlungen oder durch die Wahl von Vertretern in offenen Stadträten usw. Es gibt Radioprogramme, in denen die Regierungsvertreter Anfragen oder Beschwerden beantworten, die ihnen die Bevölkerung per Telefon stellt. Das Volk hat durch seine verschiedenen Organisationen Einfluß auf die zur Rationalisierung unserer verfügbaren Mittel notwendige wirtschaftliche Planung. Wir haben eine Regierung der nationalen Einheit, mit anderen Worten, ein Bündnis zwischen Arbeitern, Bauern, Angehörigen der Mittelschicht und kapitalistischen Eigentümern. Unsere Außenpolitik zielt auf Freundschaft mit allen Völkern und freundschaftliche Beziehungen zu allen Regierungen auf der Grundlage gegenseitiger Achtung. Früher hatte Nicaragua praktisch keine Außenpolitik; sie wurde in Washington gemacht.
All dies wurde - wie könnte es anders sein - von einem großen kulturellen Wiedererwachen begleitet. Wir wollen erreichen, daß die Kultur nicht mehr einer kleinen Elite, sondern dem ganzen Volk gehört. Überall entstehen Kulturhäuser, fast immer durch die spontane Aktion des Volkes selbst. Unsere Folklore, die früher halb vergessen war, ist überall in außergewöhnlicher Weise zu neuem Leben erwacht. Die Produktion neuer Dichtung ist erstaunlich. Es gibt Dichterwerkstätten, in denen Zimmerleute und Maurer die richtigen Techniken lernen, um gute moderne Poesie zu schreiben, und ihre Gedichte sind tatsächlich von ausgezeichneter Qualität, so gut wie sie früher nur die Dichter unserer literarischen Elite schrieben. Es gibt Dichterwerkstätten in den Armenvierteln, in den Fabriken, in der Armee und selbst bei der Polizei. Ich glaube, Nicaragua ist das einzige Land der Welt, in dem von der Polizei Gedichte veröffentlicht werden. Überall entstehen Volkstheater, deren Mitglieder hauptsächlich Arbeiter und Bauern sind; das gleiche geschieht mit Gesang und Musik. Wir wollten ein fröhliches Land, ein Land, in dem die Menschen singen und tanzen, und das haben wir erreicht. Das Volk hat bereits seine ersten Wandmalereien. In vielen Gegenden werden kunstgewerbliche Gegenstände hergestellt von hoher Qualität. Wahrhaftig, unser Volk hat sich die Kultur wieder angeeignet, von der es früher ausgeschlossen war und die jetzt ihm gehört, so wie ihm das Land gehört und sein eigenes historisches Geschick.
Unsere Revolution ist die großmütigste, die es je gegeben hat. Es gab keine Erschießungen, und es ist viel vergeben worden. Man kann sagen, daß sich in ihr das schwere evangelische Gebot der Feindesliebe erfüllt hat. Unser Innenminister, Comandante Tomás Borge, sagte, was vor ihm schon Carlos Fonseca, der Gründer der Sandinistischen Front, gesagt hatte: »Wenn ein Soldat der Guardia Nacional als Gefangener in unsere Hände fällt, genügt es nicht, daß wir sein Leben und seine menschliche Würde respektieren; wir müssen ihn behandeln wie unseren eigenen Bruder.« Eine Parole der sandinistischen Front war: »Unerbittlich im Kampf, aber großmütig im Sieg.« Diese Worte sind tatsächlich erfüllt worden. Auch die gefangenen ehemaligen Nationalgardisten Somozas lernen lesen und schreiben; die Alphabetisatoren sind Angehörige der sandinistischen Polizei. Selbst in den Gefängnissen gibt es Kulturdelegierte.
Insgesamt aber ist es das wichtigste, daß heute in Nicaragua der Geist der Brüderlichkeit herrscht, der Geist der Gemeinsamkeit und der Solidarität. Wir sind dabei, eine wahrhaft brüderliche Gesellschaft zu schaffen.
Ein Junge von acht Jahren schrieb in einem Gedicht:
Die Kinder, die Lieblinge
werden die Zukunft des Volkes sein.
Wir Kinder werden das arbeitende Volk sein,
wir werden der Bauer sein,
die Hersteller aller Dinge,
wir werden Lehrer sein, Ärzte,
endlich wird es alles geben.
Und ein zwölfjähriger Junge in einem anderen Gedicht:
Eine bessere Welt schaffen ...
Was ist eine bessere Welt?
So fragen die Kinder.
Ein Bauerkind antwortet:
Eine bessere Welt heißt frei zu sein,
aber frei, diese Freiheit aufzubauen.
Wir wollen nicht länger Landarbeiter sein
mit kaum zehn oder zwölf Jahren.
Eine bessere Welt, schreit ein Schuhputzerjunge,
ist etwas so Glänzendes wie meine Schuhe,
die strahlen, weil ich sie poliere mit Liebe.
Ein zwölfjähriges Mädchen schreibt in einem Gedicht:
Wir Kinder von Nicaragua
rufen alle Kinder der Welt auf,
sich zu vereinigen, um eine bessere Welt aufzubauen.
Eine Elfjährige schreibt:
Ihr Kinder der ganzen Welt, wir wollen uns vereinigen,
um eine bessere Welt aufzubauen, ohne Krieg, ohne
Ausbeutung, voller Frieden, denn die Kinder sind
die Zukunft. Wenn wir uns vereinigen,
werden wir glücklich sein,
denn nur vereint können wir alles besiegen.
Wir glauben daran, daß es auf der Welt einen Neuen Menschen geben wird. Alle Programme unserer Regierung, von denen ich Ihnen hier erzählt habe, werden durchgeführt, um ihn in Nicaragua zu schaffen. So viele haben ihr Leben dafür geopfert. Was wir jetzt haben, ist Frucht unendlicher Leiden. Es ist die Frucht vieler heroischer Taten. »Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein, wenn es aber stirbt, wird es viel Frucht bringen.« Wir Christen finden einen österlichen Sinn in der jüngsten Geschichte unseres Landes, nämlich den von Tod und Auferstehung. Damit hat sich auch unser theologisches Denken vertieft, und unsere Gottesdienste sind neu belebt worden. Für uns Christen bedeutete die Teilnahme an dieser Revolution Treue zu Jesus Christus.
Ich hatte früher eine christliche Kommune in Solentiname, die wegen ihres revolutionären Geistes in Treue zum Evangelium von der Armee Somozas zerstört wurde. Wir sind jetzt dabei, mit ihrem Wiederaufbau zu beginnen. Früher war ihre Bedeutung, obwohl sie vielerorts bekannt war, gering; sie war nur ein bescheidener Versuch. Erst jetzt wird sie wirklich wichtig, nämlich durch die Werke, die dort durch die Revolution geschehen werden, die gleichen Werke, die überall im Land geschehen. Die einzige Bedeutung, die sie früher hatte, war die, daß wir dort die Revolution predigten, die Revolution als christliche Forderung. Erleuchtet vom Evangelium prophezeiten wir, was sich nun erfüllt hat. Einige junge Männer meiner Gemeinschaft gaben ihr Leben für diesen Traum, der jetzt Wirklichkeit geworden ist.
Eine Revolution ist eine gesellschaftliche Veränderung, das gleiche, was in der griechischen Sprache des Evangeliums metanoia heißt: eine Änderung der gesamten Haltung, eine Umkehr, wie das Wort für gewöhnlich übersetzt wurde. Unsere Revolution war genau dies: eine große Veränderung, eine Umkehr zur Liebe.
Für viele unter Ihnen hat das Wort »Revolution« keinen guten Klang. Aber Revolution ist das gleiche wie Evolution. Die sozialen Revolutionen sind eine Fortsetzung der Evolution der Erde und des ganzen Weltalls. Die Evolution macht Sprünge. Diese Sprünge sind in der Geschichte der Menschheit die Revolutionen.
Jede soziale Veränderung will die Menschen näher zueinander bringen. Unser Planet wird immer kleiner und die Menschheit immer größer. Managua rückt immer näher an Frankfurt heran. Diese Vereinigung der Menschheit wird mit der Zeit aus ihr einen Supra-Organismus schaffen, der aus bewußten Organismen besteht, so wie die einzelnen Organismen aus Zellen bestehen, ein Supra-Bewußtsein aus unzähligen Bewußtseinseinheiten. Das menschliche Individuum wird seine Identität in diesem Supra-Organismus nicht verlieren, wie auch die Zellen eines Organismus sie nicht verlieren und doch ein Teil eines größeren Ganzen sind. Isaac Asimov sagt: Wie die Amöbe die Wellenbewegungen des Wassers wahrnehmen kann, aber nur der menschliche Organismus eine Sinfonie, so sind die von einem menschlichen Organismus aufgenommenen Sinfonien wie die von einem einzelligen Lebewesen wahrgenommenen Wellenbewegungen des Wassers, wenn man sie mit den unvorstellbaren Sinfonien vergleicht, die eine in einem Supra-Organismus vereinte Gesellschaft menschlicher Organismen wahrnehmen kann.
Ich glaube an das Himmelreich. Ich glaube, daß das Himmelreich die Erde und der Kosmos sind, die Gesellschaft der bewohnten Planeten. Und ich glaube an die Auferstehung der Toten in diesem Reich.
Ich erbitte von Ihnen und von der ganzen Welt Hilfe für die Revolution, die in unserem Land stattfindet. Es ist nur ein kleines Land, aber auch dort muß das Himmelreich geschaffen werden. Mit diesem Ziel bin ich gekommen, um den Friedenspreis in Empfang zu nehmen: von diesem Podium aus Ihnen und der ganzen Welt zu berichten, was in Nicaragua geschieht. In vielen Ländern läuft eine Kampagne der Fehlinformation gegen uns und ein Boykott des Schweigens. Ich bitte Sie auch um Solidarität und Hilfe für das Volk El Salvadors, das in der Nachfolge Christi und so wie es vorher in Nicaragua geschah, sein Leben für die Gerechtigkeit opfert. Ich bitte Sie darum, bei dieser Befreiung mitzuhelfen wie auch bei allen anderen Befreiungen, die kommen werden, weil sie dem gleichem Gesetz gehorchen, das auch die Sterne lenkt, dem Gesetz der Schwerkraft, dem Gesetz der Anziehungskraft, dem Gesetz der Liebe selbst.
Original Spanisch
Primero quiero expresar mi agradecimiento al Consejo de la Fundación para el Premio de la Paz y a la Organización de Libreros Alemanes por otorgarme este famoso Premio de la Paz, que siempre han concedido a personalidades de gran prestigio mundial, y que yo no merezco. Pero ciertamente lo merece mi pueblo; juzgo que este Premio de la Paz en mi persona lo están otorgando a mi pueblo; y en nombre de mí pueblo he venido a recibirlo; y el importe monetario de este premio será para mi pueblo.
Considero muy significativo el que se me haya concedido el Premio de la Paz, habiendo yo defendido y cantado la lucha armada de mi pueblo. Y es que con esa lucha buscábamos la paz. Y hemos conquistado la paz. La verdadera paz, que no es sólo ausencia de guerra. La paz que los hebreos han llamado Shalom y que es también la justicia, es el vivir en paz unos con otros, el que cada uno coseche su viña en paz, es la paz con el vecino, es el compañerismo. Esa paz - Shalom - según la Biblia la podían tener los hombres aun en medio de la guerra. Por ella también se podía hacer la guerra. Es la paz de Jesús que saludaba a sus discípulos con esa palabra Shalom («La paz sea con ustedes») pero que también dijo que había venido a traer la guerra. Es la paz que no puede haber sin la justicia, y por eso hay un Salmo que dice: «La justicia y la paz se besan.»
En mi país ha habido una Revolución que significa que ahora la paz y la justicia se besan. Es una paz que se obtuvo por una guerra muy dura. Nicaragua quedó como Alemania después de la Guerra Mundial. Ha sido una perversión de ciertos pastores de la Iglesia el bendecir las armas de los opresores. Pero es distinto y aun contrario el bendecir las armas de los oprimidos. En primer lugar unas son para agredir a los inocentes, y las otras son para defender a los inocentes. En segundo lugar son armas muy desiguales, y una cosa es bendecir la espada de Goliat, y otra cosa el bendecir la honda de David. Recuerdo esto porque en Nicaragua mientras el tirano bombardeaba con fósforo blanco la ciudad insurreccionada de León, el obispo de León gritaba por teléfono entre el ruido de las bombas a un periodista de una agencia internacional de noticias: «Esta es una lucha muy desigual, como la de David contra Goliat.» Pero en Nicaragua, como en la Biblia, David venció a Goliat.
Hay cristianos que son pacifistas intransigentes, principalmente en los Estados Unidos, y algunos son amigos míos. Pero la posición de ellos no está de acuerdo con la Biblia. La Biblia bendice la espada de Holofernes cuando es blandida por Judith. Y un jesuíta norteamericano amigo mío, que es de esos pacifistas intransigentes, me escribió una carta abierta condenando mi defensa de la lucha sandinista, diciéndome que ningún principio por elevado que fuera valía lo que vale la vida de un solo niño. Yo le contesté que estaba de acuerdo con eso, pero que los sandinistas peleaban por millares de vidas de hombres, mujeres, ancianos y niños que estaban siendo asesinados todos los días, y que ningún principio por elevado que fuera, ni siquiera el principio del pacifismo intransigente, valía lo que vale la vida de uno solo de esos niños.
Y yo quisiera que ustedes pudieran haber visto, o que vieran aunque fuera sólo en cine o en fotografía, el júbilo con que nuesto pueblo recibió a los combatientes sandinistas cuando entraron triunfantes a Managua, y cómo eran recibidos por todos los lugares por donde iban pasando, los «muchachos» como les llamaba cariñosamente el pueblo. Muchos eran niños de 15 años y aun menores, y también había muchas muchachas. Que ustedes hubieran visto cómo el pueblo se abrazaba a esos combatientes. Durante la guerra muchas paredes de las casas, que en aquellos días se llenaron de letreros, tenían escrita esta frase de sabor bíblico: «Bienaventurado el vientre que parió un combatiente sandinista». Y es que ellos eran la liberación. Y es que ellos eran la paz.
Decía el escritor español Quevedo que no hay nada peor para un pueblo que una tiranía, que era peor que una guerra civil, porque era una guerra civil instaurada en el poder. Y nosotros tuvimos casi medio siglo de esa guerra civil instaurada en el poder. Y la guerra por la cual nos libramos de ella no era una guerra civil, como falsamente se quiso hacer aparecer, sino que fue una guerra de liberación. Y esta guerra nos ha traído la paz.
Los que se integraban a esta lucha lo hacían pensando más que todo en dar la vida. Yo conocí a muchísimos de esos jóvenes combatientes, y algunos cuantos fueron formados por mi en mi comunidad de Solentiname; y les puedo decir que ellos tomaron las armas por amor, porque querían un país lleno de escuelas y hospitales y círculos infantiles, y sin analfabetismo y sin mendigos y sin explotación. En Nicaragua vimos, en las ciudades insurreccionadas, a todo un pueblo poniendo en práctica el Evangelio, ofrendando sus vidas los unos por los otros.
El pueblo todo se resolvió a morir, y por eso se liberó. El grito de todos era ¡PATRIA LIBRE O MORIR! Tuvimos muchísimas muertes, pero por esas muertes tenemos ahora la patria Ubre. La bandera sandinista es roja y negra. Sandíno decía que el negro significaba el morir, y el rojo la patria libre. Pero también dijo en una ocasión que el negro significaba la muerte y el rojo la resurrección. Los que derramaron su sangre por esta causa que es la causa del amor, murieron por no morir, y están resucitados.
Ahora el pueblo está feliz con el ejército que tiene. Porque es su ejército; porque es el pueblo armado. Puede ir cualquiera a Nicaragua a constatarlo; verán allí cómo el pueblo confraterniza con el ejército. Este ejército son los mismos a los que el pueblo llamó cariñosamente durante la guerra los «muchachos»; y en él hay también muchas muchachas. Ahora ya nadie teme al uniforme verde, que antes inspiraba tanto terror, y que tenía traumatizados a los niños y también a los adultos, porque era el uniforme del genocidio. Y verán en las calles guardando el orden, haciendo posta, a jovencitos de 15 años con rostros puros que no inspiran ningún miedo.
Pero hemos terminado una guerra y hemos empezado otra. No hace mucho se estaban publicando en los periódicos en Nicaragua nuevos partes de guerra, Uno decía: «Los diversos movimientos tácticos que hemos estudiado y luego llevado a la práctica en esta dura batalla contra la ignorancia, y el éxito después resonante y demoledor, eleva el espíritu de nuestros combatientes a un grado muy alto.» Y otro: «Después de intensa labor de reconocimiento y rastreo de la zona de combate, logramos detectar y confirmar el potencial del analfabetismo, que dejó el enemigo, y después de sobrepasar una serie de obstáculos que intentan sabotear nuestro espíritu, colocados por la contrarrevolución y la reacción imperialista, los cuales se lograron erradicar totalmente, nos reincorporamos a nuestro campo de lucha en el cual se van viendo ya los frutos.» Otro decía: «Estamos dispuestos a regresar hasta aniquilar totalmente al enemigo». Y agregaba después: «Hemos sitiado los lugares donde el enemigo, que es la ignorancia, resistía al combate. Tenemos dominada la situación, porque hemos lanzado ráfagas de letras y de amor, y cuando se resisten se las lanzamos tiro a tiro.» Otros de estos partes de guerra decían: «E1 enemigo está retrocediendo a consecuencia de los grandes hostigamientos que le hacemos. Los enemigos de la Revolución deben estar claros que aunque ia guerra es dura, nosotros regresaremos hasta haber terminado con el oscurantismo». «Estamos combatiendo fuertemente a nuestro enemigo, la ignorancia. Hemos encontrado algunos focos de resistencia y la táctica que estamos usando es atacarlos de las 2 de la tarde en adelante. Pero los más fuertes enfrentamientos los tenemos de 4 a 6 p. m.». «Hemos hostigado duramente al enemigo, disparando ráfagas de gran poder y alcance tales como: A E I O U, las que naturalmente han sembrado pánico y terror en el enemigo.»
Esta batalla ya se ha ganado. Nicaragua tenía más de la mitad de sus habitantes analfabetas. Una mitad de Nicaragua alfabetizó a la otra mitad, en cinco meses. Miles de jóvenes se regaron por todo el país, aún en los lugares más remotos, en las selvas más espesas, en las montañas más inaccesibles, con los sacrificios más grandes, conviviendo con los campesinos, comiendo como ellos, durmiendo como ellos, trabajando con ellos, hasta que triunfaron dejando declaradas todas esas zonas que estaban sumidas en la ignorancia territorios libres de analfabetismo. Esos jóvenes, muchachos y muchachas, además de enseñar fueron a aprender de los campesinos. Y lo más importante de todo es que fraternizaron con ellos; los jóvenes alfabetizadores eran llamados «hijo» o «hija» por los campesinos en cuyas casas vivían, y ellos los llamaban «papá» y «mamá»; regresaron a sus antiguos hogares sintiendo que tenían otro hogar nuevo, que tenían otra familia - humilde y pobre, campesina. El país todo se ha hermanado admirablemente después de esta gran Cruzada de Alfabetización. Y todo esto ha sido un triunfo del amor.
Yo sé que a muchos en Alemania les suena mal la palabra Revolución. Por Revolución entienden el terrorismo. Pero para nosotros esta es una palabra muy bella y que mucho nos gusta pronunciar, y para nosotros es sinónimo de Amor. Tenemos un país en que acaba de triunfar una Revolución y con ello ha triunfado la paz. El pueblo por primera vez goza de tranquilidad. Ustedes pueden ver allá un pueblo lleno de sonrisas, rostros iluminados por el nuevo sol. Hay alegría, hay entusiasmo para vivir y para trabajar. Las cosechas ahora son más grandes que antes. Las tierras que eran de Somoza y los somocistas, y que eran gran parte de las tierras del país, ahora son del pueblo. Esta profunda Reforma Agraria era muy importante para nosotros porque somos un país fundamentalmente agrícola. Junto con la alfabetización esta ha sido una de las principales tareas de la Revolución, y era justo que así fuera pues los campesinos fueron los que tomaron parte más importante en nuestra lucha y fueron ellos los que sufrieron más represión. Ahora para los que alquilan tierras, se bajó drásticamente el alquiler de la tierra. Ahora se ha llevado la asistencia médica a las áreas rurales, adonde nunca había llegado. ¿No es todo esto obra del amor?
Obra del amor es construir muchos hospitales y muchos centros de salud, como se están construyendo a pesar de nuesrra pobreza. Ahora se está vacunando a todos, se están erradicando las enfermedades endémicas. La medicina ahora es algo muy diferente de lo que era antes; antes era simplemente un medio para hacer dinero. Y ahora se piensa principalmente en los humildes, en los más pobres.
También la educación ahora es distinta. La educación ahora es realmente popular, se ha hecho gratuita, y ya no es una educación para crear hombres egoístas que por ella aprendan cómo explotar a otros hombres, sino para crear hombres solidarios, nicaragúenses nuevos que serán ya la creación del hombre nuevo en Nicaragua. Es una educación liberadora, no para formar hombres dóciles a un sistema de explotación sino para liberar las conciencias y las menres de esa explotación. Se han aumentado enormemente los alumnos, y se han aumentado los maestros. Se están haciendo escuelas nuevas en todo el país, a pesar de nuestra pobreza. Y esto es obra del amor.
Obra del amor ha sido estabilizar los precios de los alimentos básicos; disminuir el desempleo, teniendo como meta que un día no haya ningún desempleado en el país; arborizar la tierra antes inmisericordemente despalada, dando protección a los bosques, a los animales salvajes y a los peces, pues también para ellos fue la liberación; darle al trabajo una nueva dignidad, haciendo que ahora tengan un trámite rápido los reclamos laborales que antes eran sumamente difíciles, creando en pocos meses más sindicatos que todos los que había durante el somocismo, y elevando los salarios más bajos pero evitando que ello desate una inflación.
Podemos agregar también, entre otras cosas, que se ha nacionalizado la Banca, para que dejara de ser usura, y que estuviera al servicio del pueblo lo que antes era para robar al pueblo. Se ha nacionalizado el comercio exterior para que sea en beneficio de todo el pueblo. Se han reformado los impuestos para que la mayor carga la tengan los que reciben más ingresos, y no el pueblo trabajador; ya que antes los que pagaban más impuestos era el pueblo, y los que pagaban menos o nada eran los más opulentos. Se ha rebajado a la mitad el alquiler de todas las casas, y se hacen nuevas viviendas y barrios nuevos en lugar de los tugurios.
Para los niños huérfanos y abandonados, y las mujeres y ancianos desprotegidos y para todos los afectados por la guerra se ha creado un ministerio nuevo. A los niños limpiabotas, vendeperiódicos, vendechicles y limpiadores de carros, que no han tenido infancia sino que desde pequeños han tenido trabajo de adultos, se les ha hecho un bello programa de juegos y de educación al que se ha denominado con el término guerrillero de «Operativo». Los niños en Nicaragua son llamados ahora «los mimados de la Revolución». El centro de los escombros de la Managua destruida por el terremoto y que Somoza nunca reconstruyó es ahora un gran parque para los niños que lleva el nombre de un niño de 10 años que fue un líder infantil y mártir de la Revolución.
Tenemos un nuevo estado democrático y popular, en el que el pueblo participa en la gestión pública cotidianamente. El pueblo se expresa libremente, plantea sus demandas a través de muchos organismos y de todos los medios de comunicación, asambleas, elección de autoridades municipales en cabildos abiertos, etc. Los dirigentes del gobierno tienen programas en la radío en los que responden a las preguntas o reclamos que los ciudadanos les hacen por teléfono. El pueblo a través de sus organizaciones tiene ingerencia en la planificación económica, necesaria para la racionalización de nuestros recursos. Tenemos un gobierno de Unidad Nacional, o sea: de alianza de obreros, campesinos, clase media y propietarios capitalistas. La política exterior es de amistad con todos los pueblos, y relaciones con todos los gobiernos a base de respeto mutuo. Antes Nicaragua prácticamente no tenía política exterior; la hacía Washington.
Todo esto ha ido acompañado de un gran renacimiento cultural, naturalmente. El principal logro es que la cultura ya no es de élites sino que es de todo el pueblo. Se han multiplicado las Casas de Cultura por todas partes, y esto ha sido por una acción espontánea de nuestro pueblo. El folclor que antes estaba muy decaído ha resurgido extraordinariamente en todos los lugares. Es asombrosa la producción de la nueva poesía. En los Talleres de poesía, carpinteros o albañiles aprenden las técnicas adecuadas para escribir buena poesía moderna, y la están escribiendo de magnífica calidad, tan buena como la que antes escribían solamente los poetas de nuestra élite literaria. Hay Talleres de Poesía en barrios marginados, en fábricas, en el Ejército y aun en la Policía. Creo que Nicaragua es el único país del mundo donde se publica poesía de la Policía. El teatro popular, principalmente obrero y campesino, brota en todas partes, y lo mismo la canción y la música. Queríamos hacer de Nicaragua un pueblo alegre que cante y baile, y esto se ha logrado. Es un pueblo que también empieza a tener ya sus murales. Artesanía artística de gran calidad está produciendo el pueblo en muchas partes. Verdaderamente nuestro pueblo ha expropiado la cultura, de la cual antes estaba marginado, y ahora es dueño de ella como es dueño de su tierra y de su destino histórico.
Nuestra Revolución es también la más generosa que ha existido. En ella no han habido fusilamientos, y ha habido mucho perdón. Incluso en ella se ha practicado el difícil precepto evangélico del amor al enemigo. El Ministro del Interior, Comandante Tomás Borge, ha dicho que Carlos Fonseca Amador, fundador del Frente Sandinista, decía: «Si un soldado de la Guardia Nacional cae prisionero en nuestras manos, no sólo deberán respetarse su vida y dignidad, sino que es preciso tratarlo como uno de nuestros propios hermanos». Una consigna del Frente Sandinista era: «Implacables en el combate, y generosos en la victoria», y estas palabras se han cumplido. Se alfabetiza a los ex-guardias somocistas prisioneros; los alfabetizadores son los policías sandinistas. Tenemos también delegados de cultura aun en las cárceles.
Lo más importante de todo es que ahora hay un espíritu fraternal, colectivo, solidario. Estamos creando una sociedad comunitaria.
Un niño de 8 años ha escrito en un poema:
¡Los niños, los mimados!
Serán el futuro del pueblo,
los niños seremos el pueblo trabajador,
seremos el campesino,
el productor de todo,
seremos maestros, doctores;
al fin habrá de todo.
Y un niño de 12 años en otro poema:
Para construir un mundo mejor ...
¿Qué es un mundo mejor?
Se preguntan los niños.
Un niño campesino contesta:
un mundo mejor es ser libres,
pero ser libres para construir esa libertad.
Queremos dejar de ser obreros agrícolas
si apenas tenemos entre diez y doce años.
Un mundo mejor grita un lustrador
es algo así nítido como mis zapatos
que son brillantes y que lustro con amor.
Una niña de 12 años dice en otro poema:
Nosotros los niños de Nicaragua
les hablamos a todos los niños del mundo
para que nos unamos a construir un mundo
mejor.
Y en otro poema escribe una niña de 11
años:
Niños del mundo entero, unámonos para construir un mundo mejor, sin guerra, sin explotación, con paz; porque los niños son el futuro. Si nos unimos seremos felices,
porque sólo unidos venceremos a todo.
Nosotros creemos que en el mundo habrá un hombre nuevo. Y los programas de gobierno de los que aquí he hablado son para producirlo en Nicaragua. Tantas vidas se ofrendaron por esto. Lo que ahora estamos teniendo es el premio de mucho sufrimiento. Es el fruto de muchísimos heroísmos. «Si el grano de trigo no cae en tierra y muere permanece solo, pero si muere producirá mucho fruto.» Los cristianos encontramos un sentido pascual en nuestra historia reciente, es decir de muerte y resurrección. A laz luz de ello se han profundizado nuestras reflexiones teológicas y nuestras asambleas de culto se han revitalizado. Para los cristianos participar en esta Revolución ha sido fidelidad a Jesucristo.
Yo tuve una comunidad antes en Solentiname, que por su compromiso revolucionario, en fidelidad al Evangelio, fue destruida por el ejército de Somoza; pero ahora estamos empezando a reconstruirla. No fue importante antes, aunque fue muy conocida en muchas partes - era una experiencia modesta. Ahora sí va a ser realmente importante con las obras que allí hará la Revolución, como las hará en todo el país. La única importancia que tuvo fue que allí predicamos la Revolución como una exigencia cristiana. Profetizamos, inspirados en el Evangelio, lo que ya llegó. Y algunos jóvenes de mi comunidad dieron la vida por ese sueño que se ha hecho realidad.
Una Revolución es un cambio social, lo que en el griego del Evangelio se denomina metanoia, «cambio de actitud», lo que tradicionalmente se ha traducido por «conversión». Nuestra Revolución ha sido esto: un gran cambio, una conversión al amor.
Aquí a muchos no suena bien la palabra Revolución, pero Revolución y Evolución son lo mismo. Las revolucienes sociales son continuación de la evolución del planeta y de todo el cosmos. La evolución se da por saltos, y esos saltos en la historia humana son las revoluciones.
Cada cambio social es para unir más a los hombres. El planeta se vuelve cada vez más pequeño, mientras la humanidad cada vez es más grande. Managua cada vez está más cerca de Frankfurt. Esta unión de la humanidad acabará por hacer de ella un super-organismo compuesto de organismos conscientes como los organismos están compuestos de células, una super-conciencia de innumerables conciencias. El individuo humano no perderá su individualidad en este super-organismo, como no la pierden las células en el organismo, pero estarán formando parte de un todo más grande. Isaac Asímov dice que así como la ameba puede percibir las ondulaciones del agua, pero sólo el organismo humano puede percibir una sinfonía, así las sinfonías que percibe el individuo humano son como las ondulaciones del agua que percibe un ser unicelular en comparación de las inimaginables sinfonías que podrá percibir la sociedad de organismos humanos unidos en un super-organismo.
Yo creo en el reino de los cielos. Creo que el reino de los cielos es la tierra y el cosmos, la sociedad de planetas habitados. Y creo en la resurrección de los muertos en ese reino.
Les pido a ustedes y al mundo entero ayuda para la Revolución que en nuestro país se está haciendo. Aunque es un país pequeño, allí también deberá establecerse el reino de los cielos. Para esto he venido aquí a recibir este Premio: para dar a conocer desde esta tribuna a ustedes y el mundo lo que allá se está haciendo, ya que en el extranjero hay una campaña de desinformación contra nosotros, y sobre todo hay un boicot de silencio. Les pido también solidaridad y ayuda para el pueblo de El Salvador, que a imitación de Cristo, y como antes lo hiciera Nicaragua, está ofrendando su vida por la justicia. Pido que ayuden a esa liberación y a todas las otras liberaciones que vendrán, de acuerdo con la ley de los astros, que es la misma ley de la gravedad, la ley de la atracción, la ley del amor.
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Ernesto Cardenal
Dankesrede des Preisträgers
Chronik des Jahres 1980
+++ Anfang Januar 1980 konstituiert sich die Partei »Die Grünen« als Bundespartei. Im gleichen Monat werden die Grenzen zwischen Israel und Ägypten offiziell geöffnet. Beide Länder haben sich nach mehr als 30 Jahren Feindseligkeiten auf eine friedliche Nachbarschaft geeinigt. +++ Die UN-Vollversammlung fordert mit großer Mehrheit den unverzüglichen Abzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan. Rund 30 Staaten, darunter die USA und die Bundesrepublik, boykottieren die Olympiade in Moskau. +++
US-Präsident Carter gibt das Scheitern einer militärischen Aktion zur Befreiung der amerikanischen Geiseln im Iran bekannt. Acht Todesopfer fordert der vergebliche Versuch, die 53 in der US-Botschaft in Teheran festgehaltenen Geiseln zu befreien. +++ Hervorgerufen durch die schwierige wirtschaftliche Lage des Landes und die damit verbundenen Preissteigerungen kommt es im August in Polen zu einer das ganze Land erfassenden Streikbewegung, die auf der Danziger Lenin-Werft ihren Anfang nimmt. Die Gewerkschaftsorganisation Solidarnoœæ und deren Wortführer Lech Walesa verhandeln mit der Regierung im »Danziger Abkommen« über das Streikrecht, das Recht auf Bildung unabhängiger Gewerkschaften und die Meinungsfreiheit. +++ Der Irak kündigt das 1975 in Algier mit dem Iran geschlossene Abkommen über den Grenzverlauf zwischen beiden Staaten auf. Irakische Truppen fallen am 22. September in die erdölreiche iranische Provinz Khuzestan ein. Damit weitet sich der seit Monaten schwelende Grenzkonflikt zu einem offenen Krieg aus, dem Ersten Golfkrieg, der bis 1988 dauert. +++ Der Film "Die Blechtrommel" von Volker Schlöndorff nach dem Roman von Günter Grass wird im April als bester ausländischer Film mit dem Oscar ausgezeichnet. +++ Im November bricht die neueste Folge der TV-Serie Dallas in den USA und ab 1981 in Deutschland alle Zuschauerrekorde. +++ Am 8. Dezember wird John Lennon in New York auf offener Straße erschossen. +++
Biographie Ernesto Cardenal
Ernesto Cardenal, geboren am 20. Januar 1925 als Sohn einer wohlhabenden Patrizierfamilie in Granada / Nicaragua, beginnt nach dem Studium der Philosophie und Literaturwissenschaften in Mexiko und New York mit literarischen Arbeiten und engagiert sich bereits während der Studienzeit gegen den damaligen Diktator Nicaraguas Anastasio Somoza García. 1956 muss er seine Heimat verlassen und tritt als Schüler Thomas Mertons in ein amerikanisches Trappistenkloster ein.
1965 wird er nach dem Theologiestudium in Mexiko und Kolumbien zum Priester geweiht und gründet auf der Insel Solentiname eine christliche Gemeinschaft. In seinen Schriften wird er zu einem leidenschaftlichen Ankläger der Gewalt. Er gilt als Begründer der Theologie der Befreiung, die er in seiner sozialkritischen Schrift Theologie der Bauern von Solentiname (1975) darlegt. Seine Pfarrei wird 1977 von der nicaraguanischen Nationalgarde zerstört, Cardenal muss ins benachbarte Costa Rica fliehen.
Nach der sandinistischen Revolution im Jahr 1979 kehrt er in seine Heimat zurück und wird zum Kulturminister ernannt. Er gründet, als dieses Ministerium 1987 aufgelöst wird, zusammen mit Dietmar Schönherr das internationale Kultur- und Entwicklungsprojekt »Casa de los tres mundos« in Granada, das er auch heute noch unterstützt. Doch widmet er sich hauptsächlich der Vollendung seines poetischen Werkes.
Im September 2008 kritisiert Cardenal öffentlich die Amtsführung und den Lebensstil des nicaraguanischen Präsidenten Daniel Ortega und gerät dadurch in seinem Heimatland trotz der Unterstützung zahlreicher Schriftsteller und Politiker unter politischen Druck.
Ernesto Cardenal lebt in Managua und Granada. Am 1. März 2020 verstirbt er in Managua.
Auszeichnungen
2014 Theodor-Wanner-Preis für den Dialog der Kulturen, 25. Juni 2014
2012 Premio Reina Sofía
2010 Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse
2009 Premio Iberoamericano de Poesía Pablo Neruda
2009 GLOBArt Award in der Klosterkirche Pernegg
1980 Friedenspreis des Deutschen Buchhandels
Bibliographie
Diese Welt und eine andere
Aus dem Spanischen von Lutz Kliche, Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2013, 160 Seiten, ISBN 978-3-7795-0475-7, 19.90 EUR
Psalmen
Aus dem Spanischen von Stefan Baciu, Peter Hammer Verlag, Wuppertal 3., veränd. Neuausg. 2008, ISBN 978-3-7795-0174-9, 96 Seiten, 14.90 EUR
Gesänge des Universums. Cantico Cosmico
Aus dem Spanischen von Lutz Kliche,m Peter Hammer Verlag, Wuppertal 1995, 506 Seiten, 2 Bände in einem Schuber, ISBN 978-3-87294-549-5, 34.90 EUR